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Gefährdungsbeurteilung: Das Risiko im Blick
Gut geschützt: Zur Arbeit in der Gießerei gehören thermische Gefährdungen. © Foto: Adobe Stock/lcrribeiro33

Arbeitssicherheit : Gefährdungsbeurteilung: Das Risiko im Blick

Sicherheitsbeauftragte können bei der Gefährdungsbeurteilung entscheidend mitwirken – als Bindeglied zur Führungskraft.

Ein Kollege erwähnt gegenüber der Sicherheitsbeauftragten, dass er sich an einer Schneidemaschine neulich beinahe verletzt hätte. Da er es aber nicht seiner Führungskraft berichtet, übernimmt dies die Sicherheitsbeauftragte.

Sie sammelt solche an sie herangetragenen Informationen, aber auch nebenbei Berichtetes, und gibt sie an die Führungskraft weiter. Diese entscheidet dann, ob es nötig ist, die Gefährdungsbeurteilung zu aktualisieren.

Risiken der Beschäftigten ermitteln

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein Prozess. Für jeden Arbeitsplatz wird dabei ermittelt, welche Risiken für die Beschäftigten auftreten können. Im Idealfall tauschen sich dafür Führungskräfte mit den Beschäftigten aus und machen sich selbst ein Bild davon, welchen Gesundheits- oder Verletzungsgefahren diese in ihrem Arbeitsalltag begegnen.

Anschließend werden die Risiken und entsprechende Gegenmaßnahmen schriftlich festgehalten. So sind beispielsweise Beschäftigte, die mit einer Drehmaschine arbeiten, Verletzungsrisiken durch wegfliegende Kleinteile oder den Kontakt mit langen Spänen ausgesetzt.

Auch können sich Haare oder Teile der Kleidung in einer solchen Maschine verfangen. In einer Gefährdungsbeurteilung würde dann auf diese Risiken hingewiesen und zur Vorbeugung würden etwa Schutzeinrichtungen sowie eine Persönliche Schutzausrüstung festgelegt, die regelmäßig zu überprüfen wären.

Wissen, wie es an der Basis aussieht

Es kann sein, dass Beschäftigte beim Arbeiten an der Maschine später noch neue gefährliche Situationen feststellen, die dann nachträglich in die Gefährdungsbeurteilung aufgenommen gehören. Hier kommen die Sicherheitsbeauftragten ins Spiel.

Denn auch wenn die Gefährdungsbeurteilung in erster Linie Führungsaufgabe ist, können Sicherheitsbeauftragte einen wichtigen Beitrag leisten – eben indem sie das, was ihnen Kolleginnen und Kollegen mitteilen oder was sie selbst beobachten, weitergeben.

„Je nachdem, wie groß ein Betrieb ist, wissen Arbeitgebende gar nicht mehr, wie es an der Basis aussieht“, erklärt Dr. Markus Kohn vom Referat Betriebliche Organisation von Sicherheit und Gesundheit der DGUV. „Sicherheitsbeauftragte sind dann das Bindeglied im Arbeitsschutz.“

Bei Labortätigkeiten ist es wichtig, Beschäftigte im Umgang mit Gefahrstoffen und biologischen Stoffen zu unterweisen. © Foto: Adobe Stock/Seventyfour

Arbeitswissenschaftliche Publikationen

Sicherheitsbeauftragte können in jedem der sieben Schritte einer Gefährdungsbeurteilung mitwirken. Dazu sollten sie beim Thema Arbeitsschutz auf dem aktuellen Stand sein. Dafür hilft ein Blick in Veröffentlichungen: Die Bundesanstalt für Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz hat Ende Januar 2021 Teil 1 und 2 ihres Handbuchs zur Gefährdungsbeurteilung neu herausgegeben.

Während der erste Teil grundsätzliche Informationen zur Vorgehensweise bei einer Gefährdungsbeurteilung enthält, bezieht der zweite Teil arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse, Regelwerke und Vorschriften zu verschiedenen Gefährdungsfaktoren mit ein.

Überarbeitet wurden in diesem Teil etwa die Informationen zu „Psychischen Gefährdungen“. Grundlage hierfür sind Erkenntnisse des Forschungsprojektes „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“. Auch das Themenfeld Arbeitszeit ist zunehmend relevant und wird deshalb in einem ganzen Kapitel betrachtet.

Sieben Schritte zur Gefährdungsbeurteilung

  1. Arbeitsbereiche und Tätigkeiten erfassen
  2. Gefährdungen ermitteln
  3. Gefährdungen beurteilen
  4. Maßnahmen festlegen
  5. Maßnahmen durchführen
  6. Wirksamkeit prüfen
  7. Dokumentieren und fortschreiben

Psychische Belastungen erkennen

„Psychische Belastungen sind für Sicherheitsbeauftragte nicht immer leicht zu erkennen“, so Kohn. Dabei spielen sehr unterschiedliche Faktoren eine Rolle, von denen sich Menschen je nach individuellen Leistungsvoraussetzungen zudem sehr unterschiedlich belastet fühlen können.

„Aktuell in der Pandemie kommen vor allem Belastungen hinzu, die durch das mobile Arbeiten von zu Hause bei vielen Beschäftigten entstehen“, ergänzt Kohn.

Da seien Privatleben und Beruf auf ganz neue Weise zu organisieren, es fehle die spontane Kommunikation mit anderen Beschäftigten in der Teeküche, und manchen falle es schwer, Arbeitsaufgaben für sich allein sinnvoll zu strukturieren. „Für Sicherheitsbeauftragte ist es in dieser Situation zusätzlich schwer, diese Faktoren zu sehen“, so Kohn.

Wichtig ist regelmäßiges Kommunizieren

Darum sei es umso wichtiger, aktiv auf Kolleginnen und Kollegen zuzugehen, insbesondere auf jene, die erst seit Kurzem im Unternehmen sind. Erst im persönlichen Gespräch ergebe sich, wie psychische Belastungen und womöglich eine ungünstige Arbeitszeiteinteilung in die Gefährdungsbeurteilung für den jeweiligen Arbeitsplatz mitaufgenommen werden müssten.

Die Erfahrungen sollten Sicherheitsbeauftragte an die Führungskraft weitergeben, wie Kohn erläutert: „Optimal wäre es, wenn die Beschäftigten auch vonseiten der Vorgesetzten direkt zu diesen Themen befragt würden.“

Gut zu wissen

  • Das Arbeitsschutzgesetz ist die gesetzliche Grundlage. Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung leisten etwa die Fachkraft für Arbeitssicherheit, Brandschutzbeauftragte und Betriebsarzt oder -ärztin.
  • Risiken für Beschäftigte und Gegenmaßnahmen, die die Sicherheit erhöhen, werden für die Beurteilung schriftlich festgehalten und regelmäßig aktualisiert.
  • Psychische Faktoren sind ebenfalls Teil der Gefährdungsbeurteilung. Hierbei geht es um die Arbeitsbedingungen, die zu psychischen Belastungen führen können.