Konsum und Sucht bei Erwerbstätigen Die DAK-Gesundheit hat Zahlen zur Nutzung von sozialen Netzwerken und Computerspielen („Gaming“) erhoben. Der Weg in die Abhängigkeit ist meist ein schleichender Prozess. 0,4 Prozent der Erwerbstätigen beispielsweise zeigen eine Social-Media-Abhängigkeit. Klingt wenig, aber hochgerechnet sind das in Deutschland 160.000 Menschen. Abhängigkeit 0,4 % Keine Nutzung 15,3 % Nutzung 84,3 % SOCIAL MEDIA E ine junge Mitarbeiterin hat ständig ihr Smart- phone in der Hand. Immer wieder checkt sie, ob es Neuigkeiten bei Facebook oder Instagram gibt. Andauernd stöbert sie in sozialen Netzwerken und Fo- ren. Sie ist unkonzentriert und schafft ihre Arbeit kaum noch, sodass die Kolleginnen und Kollegen schon genervt sind. Eine Kollegin ist Sicherheitsbe- auftragte. Sie hat einen guten Draht zu allen im Team und be- schließt, nicht einfach wegzusehen. Gut so! Denn: „Wann im- mer jemand bestimmte Verhaltensweisen exzessiv betreibt, hat das auch Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit“, betont Christian Groß, Zweiter Vorsitzender und Pressesprecher des Fachverbands Medienabhängig- keit e. V. Häufige Folgen von exzessivem Medienkonsum sind Konzentrationsprobleme, Stressreaktionen und Übermüdung. Die Ursachen einer Mediensucht können ganz unterschiedlich sein. „Sie reichen von dem Wunsch nach Ablenkung über Re- alitätsflucht bis hin zum Bedürfnis nach Selbstdarstellung im Netz“, so Christian Groß. Wo fängt Suchtverhalten an? Der Maßstab für das Vor- liegen einer Sucht ist recht klar definiert. „Über einen Zeit- raum von zwölf Monaten müssen mehrere Kriterien wie bei- spielsweise ein Kontrollverlust oder negative Folgen in der Lebensführung vorliegen“, berichtet Groß. Kontrollverlust bedeutet, dass die betroffene Person nicht mehr von alleine aufhören kann, den Medienkonsum einzuschränken. Die an- gesprochenen negativen Folgen können sowohl den Beruf als auch das private Umfeld betreffen. Typische Beispiele sind das Vernachlässigen aller anderen Interessen, Konflikte am Arbeitsplatz wie auch in der Partnerschaft und nicht zuletzt das Leugnen des zwanghaften Verhaltens. Eine gemeinsame Basis schaffen. Wichtig für Unterneh- men ist es, dass klare Regeln aufgestellt werden, inwiefern Beschäftigte Smartphone, Internet und Co. während der Arbeit nutzen dürfen. Denn nur so können sich Vorgesetz- te, Kolleginnen und Kollegen sowie Sicherheitsbeauftragte darauf berufen, was vertretbar ist und was nicht. Natürlich müssen die Beschäftigten darüber informiert werden, welche Regeln es im Betrieb gibt. Bei Auffälligkeiten gibt es dann eine Basis, um mit der betreffenden Person das Gespräch darüber zu suchen, warum es ihr oder ihm so schwerfällt, sich an die Regeln zu halten. Zweifellos ist diese Erstansprache ein sen- sibles Thema. Eine Zurechtweisung oder gar das Drohen mit ) 5 ( 1 0 0 2 a h u n a t , o i d u t s t n i o p g / k c o t s r e t t u h S : r e d l i B Abhängigkeit 1,0 % Nutzung 55,1 % Keine Nutzung 43,9 % beruflichen Konsequenzen sind der denkbar schlech- teste Einstieg. Gefragt ist vielmehr Empathie, also die Bereitschaft, sich in das Ge- genüber hineinzuversetzen. Eine Ansprache auf Augen- höhe könnte sinngemäß mit Worten wie diesen beginnen: „Wenn ich sehe, dass du dich fast nur noch auf dein Smart- phone konzentrieren kannst, macht mir das Sorgen. Viel lieber hätte ich das Gefühl zurück, dass wir noch lange tatkräftig und gesund zusammenarbeiten können.“ GAMING Lösungen finden. In der Folge stellt sich die Frage: Ist die betroffene Person bereit, mit einer Fachkraft über die Probleme zu sprechen? Wenn ja: Geeignete Anlaufstellen können Sucht- beratungsbeauftragte in den Unternehmen sein, Betriebs- ärztinnen und Betriebsärzte oder auch ortsnahe Beratungs- stellen sowie niedergelassene Psychotherapeutinnen und -the- rapeuten. „Sucht ist ein schleichender Prozess, der oft mit psy- chosozialen Problemen in der Lebenswelt der Betroffenen zu tun hat“, berichtet Groß. „Ein positives Arbeitsklima ermöglicht in höherem Maße ein Vertrauensverhältnis der Beschäftigten zu Ansprechpersonen im Betrieb. Vertrauen ist notwendig, um frühzeitig über mögliche Problemlagen zu reden, wenngleich die Ursachen einer wirklichen Suchterkrankung natürlich tiefer liegen und hier professionelle Hilfe notwendig ist.“ Aufmerksam machen. Eine gute Möglichkeit, um auch im eigenen Betrieb auf das Thema „exzessiver Medienkonsum“ aufmerksam zu machen, sind Informationsveranstaltungen. Daran können sich auch Sicherheitsbeauftragte beteiligen, indem sie aufzeigen, was an Medien problematisch sein kann und wie die Beschäftigten merken, dass sie Medien zu häufig nutzen. Als Einstieg bietet sich der kurze Fragebogen zum Selbsttest an, den es auf der Website des Fachverbands Medienabhängigkeit gibt. Wird bei der Hälfte der sechs Fra- gen mit dem Wert „3“ oder höher geantwortet, deutet dies auf missbräuchliches Verhalten hin. Wird bei mehr als vier Fragen mit „3“ oder höher geantwortet, liegt möglicherweise eine Abhängigkeit vor. „Dieser Test könnte bei Informationsveran- staltungen besprochen werden und es sollten dann Ansprech- personen für Ratsuchende benannt werden“, erklärt Christian Groß vom Fachverband. Fragebogen zum Selbsttest und zum Weitergeben: → DIAGNOSTIK 1 AICA-S short fv-medienabhaengigkeit.de 25 arbeit & gesundheit 5|2019