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„Als Inklusionsbeauftragte treten wir für die Verbesserung der Gesellschaft ein“
Ein auf die Bedürfnisse eines Menschen mit Behinderung angepasster Arbeitsplatz ist ein Teil von beruflicher Inklusion. © istockphoto/nimis69

Arbeitssicherheit : „Als Inklusionsbeauftragte treten wir für die Verbesserung der Gesellschaft ein“

Zum Diversity Day am 31. Mai berichtet die Inklusionsbeauftragte Iris Fleischer, wie sich Barrieren im Umgang mit Menschen mit Behinderungen abbauen.
Iris Fleischer ist Inklusionsbeuftragte der Unfallkasse Hessen. © Unfallkasse Hessen

Zum bundesweiten Diversity Day sind Organisationen dazu aufgerufen, sich für Vielfalt einzusetzen. Für die Arbeitswelt bedeutet das: Alle Beschäftigten sollen die gleichen Chancen haben und die gleiche Wertschätzung erfahren, unabhängig von beispielsweise ihrer Nationalität, ihrer sexuellen Orientierung oder körperlichen Beeinträchtigungen. Iris Fleischer ist Inklusionsbeauftragte der Unfallkasse Hessen. Im #nachgefragt-Interview spricht sie über ihre Aufgabe, Barrieren im Umgang mit Menschen mit Behinderungen abzubauen und warum es für sie so erfüllend ist, sich jeden Tag für die Gleichbehandlung aller einzusetzen.

Worin genau sehen Sie Ihre Aufgaben als Inklusionsbeauftragte?

Für meine Arbeit ist die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention von zentraler Bedeutung. In der Konvention sind Prinzipien wie beispielsweise Chancengleichheit, Selbstbestimmung und Nicht-Diskriminierung festgeschrieben. Meine Aufgabe besteht darin, die Konvention in der Unfallkasse Hessen umzusetzen. Dazu haben wir zunächst sechs Handlungsfelder wie Führung, Personal oder Arbeitsplatz bestimmt und daraus 48 ganz konkrete Maßnahmen abgeleitet, die es laufend umzusetzen gilt. Dazu zählt beispielsweise, das Jobprofil einer ausgeschriebenen Stelle sowie den Arbeitsplatz anzupassen, wenn die Bewerberin oder der Bewerber eine Behinderung hat. Auch unser Dienstgebäude soll noch barrierefreier werden, zum Beispiel durch begehbare Duschen im Sportbereich, selbst öffnende Türen sowie barrierefreie Toiletten in allen Etagen. Das ist aber nur ein kleiner Ausschnitt der Maßnahmen.

Netzwerke aufbauen und pflegen

Das klingt sehr umfangreich. Wie gehen Sie vor, um zu schaffen, was Sie sich vorgenommen haben?

Um alle Maßnahmen umzusetzen, braucht es viele Köpfe und Ideen. In unserer AG Inklusion, die ich leite, sitzen daher Spezialistinnen und Spezialisten aus den verschiedenen Fachabteilungen der Unfallkasse, die ihr Wissen in den unterschiedlichen Feldern einbringen. Die Umsetzung der Handlungsfelder wird uns viele Jahre beschäftigen. Denn durch die steten Veränderungen in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt kann man davon ausgehen, dass die Maßnahmen immer wieder an neue Gegebenheiten angepasst werden müssen. Daher sind die Aufgaben einer Inklusionsbeauftragten auch kein Projekt, sondern eher eine Lebensaufgabe.

Um schneller voranzukommen, würde ich mir wünschen, viel mehr mit anderen Inklusionsbeauftragten zu netzwerken, da das eine unglaubliche empowernde Wirkung haben kann. Man kann untereinander Probleme schildern, aber vor allem auch andere Herausforderungen und Lösungsansätze kennenlernen und sich so inspirieren lassen. Netzwerke sind wunderbare Inspirationsquellen.

Womit beschäftigten Sie sich gerade ganz konkret?

Um den Beschäftigten eine Vorstellung von Inklusion zu vermitteln, gibt es in unserem Intranet seit kurzem eine eigene Rubrik zum Thema. Zum Diversity Day stelle ich in dieser Rubrik die „10 Knigge-Tipps zum respektvollen Umgang mit behinderten Menschen“ vor. Ich möchte damit Barrieren lösen und die Angst vor dem Umgang mit Menschen mit Behinderungen nehmen.

Im September dieses Jahres wird es außerdem den ersten Inklusionstag der Unfallkasse Hessen geben. Während der Vorbereitungen bin ich auf ein Zitat des Moderators und Speakers Rainer Schmidt gestoßen, den ich gern für unsere Veranstaltung gewinnen möchte: „Inklusion ist die Kunst des Zusammenlebens von sehr verschiedenen Menschen“. Genau das trifft den Kern unseres Auftrags als Inklusionsbeauftragte: Wir treten für die Verbesserung unserer Gesellschaft ein.

Inklusion betrifft alle Menschen

Das Gesetz schreibt vor, dass Arbeitgeber Inklusionsbeauftragte benennen müssen. Abgesehen von dieser rechtlichen Verpflichtung – warum lohnt es sich für Einrichtungen und Betriebe, eine Inklusionsbeauftragte zu haben?

Jeder Mensch muss begreifen, dass Inklusion jeden von uns von heute auf morgen betreffen kann, sei es durch eine Erkrankung oder einen Unfall. Eine Behinderung erlangt man im Laufe des Lebens oder wird damit geboren. Die Aufgabe eines oder einer Inklusionsbeauftragten sehe ich deshalb darin, bei allen Menschen ein Bewusstsein für Inklusion zu schaffen und Barrieren zu beseitigen. Barrieren können baulicher Natur sein, viele entstehen aber auch im Kopf. Ein respektvoller Umgang, geprägt von gegenseitigem Verständnis, führt zu einem viel besseren Miteinander und trägt auch am Arbeitsplatz maßgeblich zu mehr Zufriedenheit bei. Und zwar bei allen Kolleginnen und Kollegen.

Welche Funktion haben Führungskräfte beim Vorantreiben des Inklusionsgedanken und wie unterstützen Sie sie?

Führungskräfte sind Multiplikatoren und Multiplikatorinnen für Inklusion. Sie müssen in ihren Teams ein Inklusionsbewusstsein entwickeln und fördern. Eine Herausforderung ist auch, Ängste abzubauen, die teilweise noch herrschen, wenn es darum geht, einen Menschen mit Behinderung einzustellen. Wenn es mir gelingt zu helfen, diesen Ängsten entgegenzuwirken und wir auf diese Weise mehr Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit bieten, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, macht mich das glücklich.

Selbstverpflichtung: Die Charta der Vielfalt

Woran arbeiten Sie derzeit gemeinsam mit den Führungskräften der Unfallkasse Hessen?

Generell bin ich für unsere Führungskräfte die Ansprechpartnerin, wenn Arbeitsplätze an neue Bedingungen angepasst werden müssen oder Kolleginnen bzw. Kollegen bei der Unfallkasse anfangen, die meine Unterstützung brauchen. Gemeinsam mit der Führungskraft werden die Rahmenbedingungen geklärt und dann in einem zweiten Schritt die nötigen Hilfsmittel angeschafft.

Perspektivisch ist es unser Ziel, die Recruitingprozesse barrierefrei zu gestalten. Wir haben daher vor, Führungskräften Seminare und Weiterbildungen anzubieten, um sie für die Potenziale von Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren. Aber nicht nur unsere Führungskräfte spielen hier eine große Rolle. Nur, wenn alle Kolleginnen und Kollegen an einem Strang ziehen, können wir es schaffen, eine inklusive Arbeitskultur voranzubringen und diese mit Leben zu füllen. Auch die Geschäftsführung eines Unternehmens oder Betriebes muss zeigen, wie ernst es ihr mit dem Thema Inklusion ist. Glücklicherweise ist dies bei uns der Fall. Pünktlich zum Diversity Day hat die Unfallkasse Hessen beispielsweise die Charta der Vielfalt unterschrieben, die Selbstverpflichtung, ein Arbeitsumfeld ohne Ausgrenzung und Vorurteile zu schaffen. Das ist ein großer Erfolg und auch eine schöne Bestätigung für mich als Inklusionsbeauftragte.