
Richtig lüften am Arbeitsplatz
In geschlossenen Räumen beugt regelmäßiges Lüften Ansteckungen vor. So sorgen Sie für gute Luftqualität am Arbeitsplatz.
Abstand halten, Hygiene beachten, Mund-Nasen-Schutz – wir haben die Regeln zum Infektionsschutz gegen das Corona-Virus verinnerlicht. Ein ebenfalls wichtiger Baustein ist das Lüften. Denn Fachleute sind überzeugt: Durch regelmäßige Frischluftzufuhr von außen lässt sich die Viruslast in geschlossenen Räumen deutlich verringern. Darüber hinaus gibt es noch viele Gründe mehr, die für regelmäßiges Lüften am Arbeitsplatz sprechen.
Lüften steigert die Luftqualität
Fachleute des Robert-Koch-Instituts (RKI), des Umweltbundesamtes, des Bundesamtes für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie von vielen weiteren offiziellen Stellen erklären das Lüften von Innenräumen zu einer wichtigen Maßnahme, um Infektionen mit dem Corona-Virus vorzubeugen.
Insbesondere wenn sich mehrere Personen über eine längere Zeit in Innenräumen aufhalten – etwa in Schulen, Kitas oder Büros – sollten diese mit Frischluft versorgt werden, um die Gesundheit der Personen zu schützen. Wie Beschäftigte Arbeitsplätze sowie Pausen-, Bereitschafts-, Erste-Hilfe-, Sanitärräume und Unterkünfte in Innenräumen richtig lüften, ist auch den Technischen Regeln für Arbeitsstätten „Lüftung“ (ASR A3.6) zu entnehmen.
Lüften verringert Anzahl von Aerosolen
Nicht zuletzt die Untersuchungslage zur Coronavirus-Pandemie lehrt uns: Krank werden wir, wenn wir zu wenig lüften. Das lässt sich einfach erklären. Beim Sprechen und Ausatmen entstehen Tröpfchen und feinste luftgetragene Flüssigkeitspartikel, die Aerosole.
Ist jemand an einem Virus wie dem SARS-CoV-2 oder der Influenza erkrankt, gelangt dieser über die Aerosole ganz unbemerkt in die Innenraumluft. „Gerade die Aerosole können sich großflächig in der Luft verteilen und die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung steigt auch über größere Entfernung“, erklärt Dr. Simone Peters, Leiterin das Referats Schutzmaßnahmen beim Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA).
Wird gleichzeitig das Lüften vernachlässigt, kann die Viruslast über die Zeit stark ansteigen. Denn bei geschlossenen Fenstern findet in Innenräumen nur sehr wenig Luftaustausch statt. In Räumen mit Isolierfenstern etwa wird nur ein Fünftel des Raumluftvolumens pro Stunde erneuert.
Lüften führt Gerüche und unerwünschte Stoffe ab
Doch nicht nur der Mensch gibt ständig Stoffe in die Raumluft ab – sondern unter Umständen auch Gegenstände. Dass Lüften ist in vielerlei Hinsicht wichtig für die Beschäftigten ist, erklärt Dr. Kirsten Sucker vom Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV, die 2019 an einer Studie zur Wirkung von Gerüchen an Innenraumarbeitsplätzen mitgewirkt hat.
Sie sagt: „Dabei geht es nicht bloß um eine bessere Sauerstoffversorgung, sondern auch darum, die Innenraumluft regelmäßig zu erneuern.“ Manchmal können Bodenbeläge, Möbel und technische Geräte Stoffe abgeben, die die Luftqualität verschlechtern und in zu hoher Konzentration auf Dauer der Gesundheit schaden.

Richtig lüften am Arbeitsplatz: So geht‘s
Große Infektionsausbrüche haben drei Gemeinsamkeiten: geschlossene Räume, viele Menschen, schlechte Belüftung. Bestimmte körperliche Tätigkeiten wie Sport, Singen oder schwere Arbeit können bei vielen Infektionsausbrüchen ebenfalls ausgemacht werden.
Damit alle Beschäftigten bestmögliche Chancen haben, gesund zu bleiben, ist regelmäßiges Lüften also unerlässlich. Laut RKI und BMAS ist dabei auf den tatsächlichen Austausch von alter und frischer Luft zu achten, statt die Luft einfach nur umzuwälzen. Ein betriebliches Lüftungskonzept kann dabei sowohl händisches Lüften als auch den Einsatz von raumlufttechnischen Anlagen umfassen.
Regelmäßig Fenster öffnen
Simone Peters vom IFA empfiehlt die Stoßlüftung über weit geöffnete Fenster und Türen für jeweils drei bis zehn Minuten je nach Jahreszeit, Temperatur und Raumgröße. Möglicherweise lässt sich im Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen eine Zeitspanne aushandeln, die alle gut aushalten können – notfalls mit kurz übergezogener Winterjacke.
Gut zu wissen
Faustregel zum richtigen Lüften am Arbeitsplatz
- In Büroräumen mindestens einmal stündlich stoßlüften
- In Besprechungs- und Seminarräumen mindestens alle 20 Minuten stoßlüften
Je wärmer die es ist, desto länger sollte die Lüftungsdauer ausfallen:
- im Winter drei Minuten
- im Frühling und Herbst fünf Minuten
- im Sommer zehn Minuten
Bei Lüftungsanlagen ist Vorsicht geboten
Auch technische Methoden kommen grundsätzlich zum Lüften infrage, so Peters. Sie weist aber darauf hin, dass hierbei einiges zu beachten ist: „Bei einer Lüftungsanlage gilt: Ausreichend Luftzufuhr von außen sicherstellen, Umluftbetrieb vermeiden und die Anlage regelmäßig warten lassen.“ Wenn es um das Coronavirus geht, kommen auch immer wieder Luftreiniger ins Gespräch, die Virenpartikel aus der Raumluft filtern können. Peters rät zur Vorsicht: Luftreiniger seien in der Regel Umluftgeräte.
Es werde also eben gerade keine frische Luft in den Raum gelassen, sondern nur die vorhandene Luft mehr oder weniger gereinigt und neu im Raum verteilt. Wie gut das funktioniert, hänge von der Qualität des Geräts ab. Es sollten Luftreiniger mit HEPA-Filter der Klasse H13 oder H14 verwendet werden. Aber: „Direkte Frischluftzufuhr ist immer wirkungsvoller als Luftreinigung“, so die Expertin. Luftreiniger würden sich darum nur als Ergänzung eignen.
Tipp zum Weiterlesen
Die DGUV Regel 109-002 „Arbeitsplatzlüftung – Lufttechnische Maßnahmen“ liefert Anhaltspunkte bei der Wahl und dem Betrieb prozesslufttechnischer Anlagen zur Beseitigung von Stoff-, Wärme- und Feuchtelasten. Die Publiaktion fasst Anforderungen zur Arbeitsplatzlüftung zusammen und führt aus, wie entsprechende Anlagen konzipiert, geplant, gebaut und betrieben werden sollten.
Luftqualität am Arbeitsplatz bewerten anhand der CO2-Konzentration
Während sich Personen in geschlossenen Räumen aufhalten, erhöht sich der Anteil an Stoffen, die sie ausdünsten und ausatmen. Zu diesen Stoffen gehören etwa Aceton, Alkohole, Viren oder Geruchsstoffe. Da die gesamte Stoffpalette analytisch nur schwer erfasst werden kann, wird als Indikator für die Raumluftqualität das einfach zu bestimmende Kohlendioxid (CO₂) gemessen.

Praktische Helfer: CO2-Ampel und -App
Wir spüren deutlich, wenn sich die Raumluft verschlechtert. Wir werden müde, reagieren langsamer und sind weniger aufmerksam. Die Luft wiederum riecht stickig. Sogenannte CO₂-Ampeln helfen dabei, rechtzeitig gegenzusteuern. Die Geräte messen die CO₂-Konzentration im Raum und mahnt zum Lüften, wenn ein kritischer Wert überschritten wird. Die Lüftungsintervalle hängen dabei von Personenzahl, Aktivitätsgrad und Raumgröße ab.
Eine Alternative ist die CO₂-App von IFA und Unfallkasse Hessen (UKH), die die CO₂-Konzentration im Raum berechnet. Der CO2-Timer gibt Bescheid, wann es Zeit für Frischluft ist.

Ist Lüften im Winter gesund? Irrtümer über Kälte
Das Thema Lüften sorgt in der kalten Jahreszeit gerne für „dicke Luft“. Die Beschäftigten von offenen Fenstern zu überzeugen, fällt nicht leicht, wenn draußen Minusgrade herrschen. Viele glauben, sie würden sich erkälten. Wir räumen mit den geläufigsten Mythen auf.

Irrtum 1: Wer in einem kalten Raum arbeitet, wird krank
In Wahrheit: Eine Erkältung wird durch Viren ausgelöst, nicht durch die Kälte. Jedoch: Kälte kann eine Erkältung wahrscheinlicher machen. Wenn wir frieren, ziehen sich die Blutgefäße der Haut zusammen. Die Schleimhäute in der Nase beispielsweise werden schlechter durchblutet und produzieren in der Folge weniger Schleim, der aber als Schutzschild vor Krankheitserregern dient. Diese können dann leichter in den Körper eindringen. Das spricht aber nicht gegen Lüften, sondern für angemessene Kleidung.

Irrtum 2: Frauen frieren schneller als Männer
In Wahrheit: Das ist nicht immer so, sondern mehr eine Frage der Muskelmasse. Die produziert nämlich Wärme, wenn wir zittern. Männer haben im Durchschnitt 25 Prozent mehr Muskelmasse als Frauen.

Irrtum 3: Über den Kopf geht die meiste Wärme verloren
In Wahrheit: Die meiste Wärme verlieren wir an Füßen und Händen. Nur zehn Prozent gehen über den Kopf verloren. Wegen der vielen Nervenenden spüren wir am Kopf aber Kälte besonders intensiv.

Irrtum 4: Wenn es warm ist, werde ich nicht krank
In Wahrheit: Eine heiße Heizung schützt nicht vor Erkältungen. Vielmehr reizt trockene Luft die Schleimhäute der oberen Atemwege und trocknet sie aus. Das macht uns anfälliger für Krankheitskeime.

Irrtum 5: Wenn es kalt wird, werde ich krank
In Wahrheit: Viele Menschen glauben, ihr Immunsystem kaum beeinflussen zu können. Dabei kann jeder etwas dafür tun. Etwa durch viel Bewegung, ausgewogene Ernährung oder den Verzicht auf Nikotin.
Geschrieben von: Julia Frese