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Notbremsassistent in Fahrzeugen: Funktionen und Pflichten
Drückt der Mensch nicht rechtzeitig auf die Bremse, springt ein Notbremsassistent ein. © iStock/ Bilanol

Verkehrssicherheit : Notbremsassistent in Fahrzeugen: Funktionen und Pflichten

Notbremsassistenten werden in immer mehr Fahrzeugen Pflicht – auch 2024 wurden die Vorgaben weiter verschärft, um Unfälle zu vermeiden. Ein Überblick.

In einer Gefahrensituation können sie Leben retten: Notbremsassistenten haben in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Da sie nicht nur Beschäftigte schützen können, die beruflich ein Fahrzeug nutzen, sondern auch jene, die zu Fuß oder auf dem Rad unterwegs sind, sollten Betriebe ihre Funktion kennen – ebenso wie die aktuellen gesetzlichen Pflichten.

Wie funktioniert ein Notbremsassistent?

Ein Notbremsassistent nutzt Sensoren, die kritische Situationen in der Umgebung erfassen. Wird der Abstand zu einem Hindernis zu gering, warnt das Notbremssystem die Person am Steuer zunächst mit einem optischen, akustischen oder haptischen Signal (in der Regel müssen zwei dieser drei Modi erfolgen). Reagiert die Fahrerin oder der Fahrer auf diese Warnung nicht, bremst der Assistent zunächst mit einer Teilbremsung ab. Die Fahrerin oder der Fahrer kann weiterhin eingreifen und selbstständig bremsen. Steht eine Kollision unmittelbar bevor und erfolgt keine Reaktion von der Person am Steuer, leitet das System eine Vollbremsung ein, um den Zusammenstoß zu vermeiden oder den Aufprall zumindest zu verringern.

„Moderne Notbremsassistenten können nicht nur auf Fahrzeuge, sondern innerhalb der Systemgrenzen auch auf Personen auf dem Rad oder zu Fuß reagieren“, sagt Bernd Hörter, Leiter Sachgebiet Fahrzeuge der DGUV.

Für welche Fahrzeuge ist ein Notbremsassistent Pflicht?

Für neu zugelassene Lkw und Busse der Klassen N2, N3, M2 und M3 sind Notbremssysteme bereits seit dem Jahr 2018 vorgeschrieben. Schrittweise wurden auch die Vorgaben auch für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen verschärft. Seit 2022 müssen alle neu genehmigten Fahrzeugtypen mit einem Notbremsassistenten ausgestattet sein – und seit Juli 2024 gilt die Pflicht für alle neu zugelassenen Fahrzeuge dieser Klassen.

Welche weiteren Vorgaben für die Nutzung gibt es?

Ebenfalls im Juli 2024 wurden Änderungen an der Straßenverkehrsordnung (StVO) durch den Bundesrat entschieden. Eine Änderung verbietet künftig, dass Fahrzeugführende über 3,5 Tonnen Notbremsassistenzsysteme ausschalten. Verstöße können mit einem Bußgeld geahndet werden. Umgesetzt ist diese Änderung in der StVO bis dato aber noch nicht.

Klicktipp

Auch Abbiegeassistenzsysteme sind in bestimmten Fahrzeugen Pflicht und senken das Unfallrisiko. DGUV-Experte Bernd Hörter ordnet Pflichten und Vorteile im Interview ein.

Welche Vorteile haben Notbremsassistenten?

Die Vorteile liegen auf der Hand: Können Fahrerinnen und Fahrer sich und andere nicht rechtzeitig vor einer Kollision schützen, greift die Technik ein. Je mehr Betriebe Fahrzeuge mit Notbremsassistenten nutzen, umso sicherer sind ihre Beschäftigten auf den Straßen unterwegs – und andere Verkehrsteilnehmende werden ebenfalls geschützt. Nicht mehr ganz neu, aber beispielhaft sind die Zahlen einer Analyse der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Sie untersuchte im Zeitraum von 2016 bis 2018 den Effekt von modernen Notbremsassistenzsystemen auf das Unfallgeschehen auf Bundesautobahnen. Im Fokus standen Güterkraftfahrzeuge und Busse. Im Ergebnis wurde der Maßnahmeneffekt auf 37 Prozent geschätzt, sprich, es gab durch Notbremsassistenten deutlich weniger Auffahrunfälle. „Wir empfehlen Notbremsassistenten daher uneingeschränkt“, so Bernd Hörter.

Haben Notbremsassistenten Grenzen?

Grundsätzlich hat jedes technische System Grenzen, die Fahrerinnen und Fahrer kennen sollten. „Fahrerassistenzsysteme werden mit Sicherheitsreserven ausgelegt. Deshalb können sie in Situationen warnen, in denen auch aufmerksame Fahrerinnen und Fahrer eine Gefahr nicht erkennen. Allerdings haben Straßen-, Verkehrs- und Witterungsverhältnisse Einfluss auf die Funktion von Notbremsassistenzsystemen“, betont DGUV-Experte Hörter. Je besser Fahrinnen und Fahrer die Funktionsweise kennen, umso effektiver können Fahrerassistenzsysteme genutzt werden und deren Akzeptanz steigt. Insgesamt überwiegen die genannten Vorteile von Notbremsassistenten deutlich. „Zudem werden die Systeme immer besser und leistungsfähiger“, so Hörter. Fahrerinnen und Fahrer müssen dennoch stets aufmerksam sein.

Was sollten Betriebe tun, wenn ihre Beschäftigten Fahrzeuge mit Notbremsassistenten nutzen?

Sind Fahrzeuge mit eingebautem Assistenten neu im Betrieb, sollten Verantwortliche zunächst auf die Expertise der Hersteller zurückgreifen. Nicht zuletzt, weil sich die Systeme oft sowohl in den Fachbezeichnungen als auch in einzelnen Funktionen unterscheiden. Die Verantwortlichen sollten dieses Wissen in Form von Einweisungen beziehungsweise Sicherheitsunterweisungen an ihr Team weitertragen. Dabei sollten auch die genannten Grenzen von Notbremsassistenzsystemen vermittelt werden.

Sicherheitsbeauftragte können mit darauf achten, dass die Unterweisungen diese Themen aufgreifen und die Inhalte auch verstanden werden. Vor allem aber sollten Fahrerinnen und Fahrer die Vorteile und die hohe Schutzwirkung der Systeme kennen. Das wirkt auch dem Impuls entgegen, das System auszuschalten und somit auf diesen wichtigen Schutz zu verzichten.