Arbeitssicherheit : Künstliches und natürliches Licht optimal einsetzen
Beleuchtung beeinflusst unsere Gesundheit. Warum das so ist, erläutert im Interview Gerold Soestmeyer, Leiter des DGUV Sachgebiets Beleuchtung und Aufsichtsperson der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI). Zudem hält er Tipps für Betriebe bereit, die nicht mal schnell umbauen können, um Beschäftigten mehr Tageslicht bei der Arbeit zu gewährleisten.
Herr Soestmeyer, warum ist unzureichende Beleuchtung an Arbeitsplätzen gefährlich?
Weil es dem sicheren und gesunden Arbeiten nicht gerecht wird. Zu den häufigsten Unfallarten zählen Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle. Die Beleuchtung kann dabei eine entscheidende Rolle spielen, etwa wenn Treppenbereiche zu dunkel und einzelne Stufen nicht gut zu erkennen sind.
Auch blendendes Licht kann Unfälle begünstigen, weil Beschäftigte dann Hindernisse nicht erkennen. Unzureichende Beleuchtung kann auch zu Erschöpfung führen: Ist es zum Beispiel um einen Monitor rundherum dunkel, muss das Auge sich bei jedem Blick am Monitor vorbei daran anpassen. Das ist anstrengend und ermüdet.
Beleuchtung beeinflusst also auch die Gesundheit?
Ja. Wir sprechen hier von den nicht visuellen Wirkungen des Lichts, die unsere innere Uhr maßgeblich beeinflussen. Ein wichtiger Faktor dabei ist der Blauanteil im Licht. Zwar ist noch weitere Forschung notwendig, um für Empfehlungen endgültige Werte zu nennen, doch wissen wir bereits: Wenn Menschen abends und nachts bei Licht mit hohem Blauanteil arbeiten, kann das ihren Tag-Nacht-Rhythmus verschieben und zu gesundheitlichen Problemen führen.
Abends und nachts sollten Betriebe daher, wenn möglich, den Blauanteil reduzieren und Beleuchtung mit neutralweißen Lichtfarben verwenden. Tagsüber wiederum kann man die innere Uhr stärken, indem man die Blauanteile anhebt. Dafür gibt es nichts Besseres als Tageslicht. Wer direkt an einem Fenster sitzt, bekommt je nach Blickrichtung schnell 5.000 bis 6.000 Lux. Die Arbeitsstättenverordnung schreibt bei normalen Bürotätigkeiten nur 500 Lux vor.
Nun kann jedoch nicht jeder Betrieb umbauen, um mehr Tageslicht bei der Arbeit zu gewährleisten.
Um die gesundheitsfördernden Effekte des Tageslichts zu nutzen, müssen Beschäftigte es nicht unbedingt von morgens bis abends sehen. Dennoch kann man sagen: Je mehr Tageslicht, desto besser. Bei wenig oder fehlendem Tageslicht am Arbeitsplatz lassen sich auch sehr positive Effekte erzielen, indem man sich im Tagesverlauf hin und wieder natürlichem Licht aussetzt.Es ist für die Gesundheit sehr förderlich, wenn Beschäftigte in Aufenthaltsräumen Tageslicht bekommen.
Als Betrieb kann man auch Anreize schaffen, die Mitarbeitende dazu bewegen, ab und zu ihre Pause im Freien zu verbringen. Ergonomisch sinnvoll ist es auch, draußen Möglichkeiten für die Pause zu schaffen, die wind- und regengeschützt sind. So etwas lässt sich für viele Betriebe relativ leicht umsetzen.
Welche Regeln gelten bei künstlichem Licht?
Grundsätzlich sollte nicht nur der unmittelbare Arbeitsplatz, sondern auch die Umgebung beleuchtet werden. Es gilt, den gesamten Raum aufzuhellen. Optimal ist in den meisten Fällen die Kombination aus einer direkten und indirekten Beleuchtung. Letztgenanntes erhellt das Umfeld, also Decken und Wände.
Direkte Beleuchtung hingegen bündelt Licht und richtet es dorthin, wo Beschäftigte arbeiten. Kommt ausschließlich direkte Beleuchtung zum Einsatz, kann eine Art Scheinwerfer-Effekt entstehen, der störende Schatten erzeugt. Indirektes Licht allein sorgt für eine diffuse Stimmung, in der sich Details oft nur schwer erkennen lassen.
Eine ausgewogene Beleuchtung hat einen weiteren Vorteil: Eine Lichtquelle blendet vor einem hellen Hintergrund weitaus weniger als vor dunklem Hintergrund. Wenn Betriebe also die Beleuchtungsstärke am Arbeitsplatz erhöhen, sollten sie dies unbedingt auch im Umfeld tun.