Verkehrssicherheit : Ausreichend Abstand lassen
Ein typisches Bild im Stadtverkehr: Eine Autofahrerin überholt einen Radfahrer mit sehr knappem Abstand. Kaum ist sie vorbei, schert sie wieder ein. Doch von freier Fahrt keine Spur: Vor ihr bremst plötzlich ein vorausfahrendes Auto stark ab. Der Überholenden bleibt wenig Zeit zum Reagieren – eine gefährliche Situation, die schnell zu einem Auffahrunfall führen kann.
Zeitdruck verschärft das Problem
Ob Auffahrunfälle, das Abkommen von der Fahrbahn oder Zusammenstöße mit kreuzendem Verkehr – wer den Abstand unterschätzt, bringt sich und andere in Gefahr. „Viele Beschäftigte stehen im Arbeitsalltag unter Zeitdruck. Termine, zu enge Fahrpläne und Stress führen auch dazu, dass gedrängelt wird und Regeln zum Abstandhalten missachtet werden. Nicht selten mit fatalen Folgen. Unfälle passieren, weil Fahrende den Anhalteweg unterschätzen oder aus Eile riskante Manöver eingehen“, sagt Maraike Tonzel, Leitung des Sachgebiets Verkehrssicherheit in der Arbeitswelt bei der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation (BG Verkehr). Es lohne sich, Pufferzeiten einzuplanen und eine defensive Fahrweise zu wählen, denn gerade in diesen Situationen könne man sich den Zeitfresser eines Unfalls nicht leisten.
Klare Regeln in der Straßenverkehrsordnung
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) gibt klare Regeln vor, um Unfälle durch mangelnden Abstand zu vermeiden. Laut Paragraf 4 StVO muss der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug so groß sein, dass selbst bei einer plötzlichen Bremsung ein Auffahren verhindert wird. Wer zu dicht auffährt, riskiert nicht nur seine eigene Sicherheit und die anderer Menschen, sondern auch Bußgelder und Punkte in Flensburg. Besonders strenge Vorgaben gelten für das Überholen von Personen, die zu Fuß, auf Fahrrädern und E-Scootern unterwegs sind: Innerorts ist ein Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Wenn Kinder im Fahrradsitz oder -anhänger mitfahren, ist sogar ein Zwei-Meter-Abstand vorgeschrieben. Außerorts beträgt der Sicherheitsabstand immer mindestens zwei Meter. Können Autofahrende diesen Abstand nicht einhalten, müssen sie auf das Überholmanöver verzichten. Außerdem dürfen sie Radfahrende nicht direkt vor einer roten Ampel überholen – wodurch das Unfallrisiko im dichten Stadtverkehr deutlich sinkt.
Die Witterung berücksichtigen
Doch wie viel Abstand ist wirklich sicher? Die Zwei-Sekunden-Regel oder die Faustformel „halber Tacho in Metern“ helfen, den richtigen Abstand einzuschätzen. „Diese Regeln sind eine gute Orientierung, aber sie gelten nur bei trockener Fahrbahn und normalen Sichtverhältnissen“, so Tonzel. „Bei Regen, Schnee oder Glätte sollte der Sicherheitsabstand mindestens doppelt so groß sein.“ Der Grund: Ist der Abstand zu gering, können Autofahrende nicht mehr rechtzeitig reagieren, weil der Anhalteweg schlicht nicht ausreicht. Dies gilt vor allem, wenn das Fahrzeug ins Rutschen gerät. Auch wenn Nebel herrscht, gelten Regeln für die reduzierte Geschwindigkeit.
Abstand richtig einschätzen
- Zwei-Sekunden-Regel Einen festen Punkt am Straßenrand wählen (zum Beispiel Schild, Baum). Sobald das vordere Fahrzeug diesen passiert, zählen: „einundzwanzig, zweiundzwanzig“. Kommt man früher dort an, ist der Abstand zu gering. Vorteil: Funktioniert unabhängig von der Geschwindigkeit. Nachteil: Erfordert bewusste Anwendung und Routine.
- Halber Tacho in Metern Die eigene Geschwindigkeit halbieren und den Wert in Metern als Mindestabstand einhalten (z. B. bei 60 km/h → 30 Meter Abstand). Vorteil: Einfache Faustformel, leicht zu merken. Nachteil: Gilt nur bei trockener Fahrbahn. Bei Regen, Schnee und Glätte mindestens den doppelten Abstand halten!
- Tipp bei Nebel: Sichtweite in Metern = Geschwindigkeit in km/h = Abstand in Metern.
Mit Fahrzeug vertraut machen
Technische Fahrerassistenzsysteme (FAS) wie Abstandsregeltempomaten (Adaptive Cruise Control, kurz: ACC) können beim Abstandhalten unterstützen, haben jedoch ihre Grenzen. „Sie erfassen den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug und passen die Geschwindigkeit automatisch an. Sie ersetzen aber nicht das aufmerksame Fahren und schon gar keinen Notbremsassistenten“, warnt Tonzel. Insbesondere wenn sie mit einem für sie neuen Fahrzeug unterwegs sind, sollten Beschäftigte zuvor mit den vorhandenen Systemen vertraut gemacht werden.
Sensibilisierung fördern
Um für das Thema Abstandhalten zu sensibilisieren, bietet die BG Verkehr verschiedene Materialien, Medien und Schulungsangebote an. Die Expertin empfiehlt zudem Fahrsicherheitstrainings – insbesondere für kleine Unternehmen und Betriebe mit vielen Beschäftigten auf der Straße. „Unser Ziel ist es, nicht nur Regeln zu vermitteln, sondern das Bewusstsein für die Risiken im Straßenverkehr und speziell auf Arbeits- und Dienstwegen zu schärfen“, so Tonzel. Den richtigen Abstand einzuhalten, erhöht die Sicherheit für alle, die im Straßenverkehr unterwegs sind.