
Verkehrssicherheit : Elektrofahrzeuge sicher betreiben
Bei Elektroautos befürchten nach wie vor viele Menschen, dass sie mit den Fahrzeugen liegen bleiben könnten, weil die Batterie leer ist. Doch bei modernen Modellen ist das im Alltag kein Thema mehr. Im Stadtverkehr schaffen die meisten E-Fahrzeuge locker 200 Kilometer – was in der Regel für einen Tag mehr als ausreicht. Neue E-Dienstwagen sind sogar auf 400 bis über 600 Kilometer Reichweite ausgelegt. Zudem wird das Netz an Ladepunkten dichter. Das erleichtert es, bei Bedarf die Batterie wieder aufzuladen.
Künftig wird die Zahl der Beschäftigten steigen, die beruflich mit Elektroautos unterwegs sind. Denn viele Betriebe rüsten ihre Firmenflotten um. Beschäftigte sollten aber gut auf den Wechsel vorbereitet werden. Denn E-Fahrzeuge unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von Autos mit Verbrennungsmotor. So werden Elektrofahrzeuge zum Beispiel anders gestartet und betankt.
Zudem weichen Fahr-, Beschleunigungs- und Bremsverhalten ab. „Deshalb ist es unbedingt notwendig, dass Fahrerinnen und Fahrer vor der Nutzung eines Elektroautos mit dessen Besonderheiten vertraut gemacht werden“, erklärt Kay Schulte vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). „Fahrerinnen und Fahrer sollten beim Umstieg auf ein Elektrofahrzeug durch Vorgesetzte eingewiesen werden. Sicherheitsbeauftragte sollten darauf achten, dass das auch geschieht.“
Hinweise gesammelt weiterleiten
Außerdem können Sicherheitsbeauftragte Hinweise ihrer Kolleginnen und Kollegen zum Fahrverhalten sammeln und an die Geschäftsführung und den Einkauf weitergeben. „So helfen sie bei der Umstellung auf eine Elektroflotte“, sagt Schulte, der beim DVR das Referat „Unfallprävention, Wege und Dienstwege“ leitet. Denn der Einkauf kann mögliche Kritikpunkte bei Neuanschaffungen berücksichtigen.

Wichtige Fakten und Begriffe zu E-Fahrzeugen
- Ladepunkt und Ladesäulen: bieten die Möglichkeit, mehrere Autos gleichzeitig aufzuladen. Man spricht dann von mehreren Ladepunkten.
- Typ 2 und CCS: So heißen die beiden in Deutschland üblichen Steckertypen für Ladekabel. CCS steht für Combined Charging System, das den Typ 2-Stecker um Plus- und Minuskontakte für Gleichstrom ergänzt und sehr schnelles Laden ermöglicht.
- KWh (Kilowattstunde): Die Kapazität von E-Auto-Batterien wird in der Regel in kWh (Kilowattstunde) angegeben: Üblich sind derzeit zwischen gut 20 kWh und 60 kWh. Mit der Kapazität steigt in der Regel auch die Reichweite.
- AVAS (Acoustic Vehicle Alerting System): E-Fahrzeuge geben bis zu einer Geschwindigkeit von 20 Stundenkilometern künstlich erzeugte Motorengeräusche von sich. Das ist seit Juli 2019 vorgeschrieben.
- Rekuperation: Motorbremswirkung des Fahrzeugs, wobei Energie zurückgewonnen wird, wenn der Fuß vom Gaspedal genommen wird. Der Grad der Bremswirkung lässt sich einstellen.
Den Verkehrsraum im Blick behalten
Zentrale Punkte bei der Einweisung und Unterweisung von Beschäftigten sind für den Experten die Besonderheiten von E-Fahrzeugen bezüglich der Verkehrssicherheit. Im Gegensatz zu Autos mit Verbrennungsmotor sind Elektrofahrzeuge nahezu geräuschlos unterwegs. Zwar erzeugen sie bei Schrittgeschwindigkeit künstliche Fahrgeräusche, um zumindest im Nahbereich gehört zu werden. Das gilt aber nur für neue Modelle. Ältere oder schneller fahrende Elektroautos werden leicht überhört. Insbesondere bei eingeschränktem Sehvermögen kann die Geräuscharmut zur Gefahr werden. Das muss den Fahrzeugführenden immer wieder bewusst gemacht werden. „Sie müssen trainiert werden, den Verkehrsraum intensiv zu scannen“, sagt Schulte.
Der auffälligste Unterschied zwischen E-Fahrzeugen und Verbrennern liegt in der starken Beschleunigung von Elektroautos. „Von 0 auf 50 Kilometer pro Stunde in wenigen Augenblicken – damit muss man sich erst einmal anfreunden“, sagt Schulte. Das gilt auch für das Ein- und Ausparken.
Bremsverhalten von Elektrofahrzeugen kennen
Darüber hinaus ist die Gefahr von Auffahrunfällen groß. Denn das Bremsverhalten eines E-Fahrzeugs kann sich ebenfalls deutlich von dem eines Verbrenners unterscheiden. Hier spielt die sogenannte Rekuperationskraft eine Rolle. Dabei wird mit dem Bremspedal nicht aktiv gebremst, sondern der Fuß vom Gaspedal genommen. Die Bremswirkung des Motors wird genutzt, zugleich aber Energie gewonnen, um die Batterie zu laden. Der Grad der Rekuperation lässt sich einstellen – vom „Segelmodus“, der sich anfühlt, als rolle das Auto im Leerlauf, bis hin zu starkem Bremsen. Eine Notbremsung durch die mechanische Bremse bleibt aber immer möglich.
Der eingestellte Rekuperationsgrad, gepaart mit dem richtigen Fahrverhalten, kann den Stromverbrauch und damit die Reichweite des Fahrzeugs stark beeinflussen. „Auch das lässt sich trainieren“, sagt Schulte und verweist auf entsprechende Schulungen.
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Bei Bränden richtig reagieren
Sollte das Fahrzeug – etwa durch einen Unfall – in Brand geraten, sollten Beschäftigte nicht versuchen, das Feuer selbst zu löschen, sondern sofort die Feuerwehr rufen. „Um eine brennende Batterie zu löschen, braucht man spezielle Ausrüstung“, sagt Schulte. „Feuerwehrleute sind dafür ausgebildet.“ Ein weiterer wichtiger Aspekt bei Unfällen sind die Fahrzeugtüren. Bei einigen Modellen lassen sich diese von außen nur elektronisch öffnen. „Das ist unter Sicherheitsaspekten fatal, etwa wenn die Insassen bewusstlos sind“, so Schulte. Bei der Anschaffung von Elektrofahrzeugen sollten Betriebe daher darauf achten, dass sich die Fahrzeugtüren bei den ausgewählten Modellen von außen manuell öffnen lassen.