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Arbeiten in engen Räumen: Kein Platz für Fehler
Bevor eine Person in enge Räume wie einen Schacht steigt, sind verschiedene Schutzvorkehrungen zu treffen. © Fotos: BG RCI/Matthias Jankowiak

Arbeitssicherheit : Arbeiten in engen Räumen: Kein Platz für Fehler

Tätigkeiten in engen Räumen bergen große Risiken für Beschäftigte. Zu ihrem Schutz braucht es passende Ausrüstung und viel Erfahrung.

Wenn in einem Rührkessel, in dem etwa Lacke angerührt werden, ein Rührblatt gebrochen ist, führt kein Weg daran vorbei: Jemand muss in den Kessel steigen, um das defekte Teil auszutauschen. Eine gefährliche Aufgabe.

Denn auch wenn der Behälter entleert wurde, können sich noch Reste von Lösungsmitteln und anderen Gefahrstoffen darin befinden. Durch den Stickstoff im Kessel droht Sauerstoffmangel, der Menschen bewusstlos werden oder gar ersticken lässt.

Schwer wahrnehmbare Gefahren werden leicht ignoriert

Bei solchen Arbeiten in Behältern wie Kesseln und Tanks, Silos und anderen engen Räumen kommt es immer wieder zu Unfällen mit schweren oder gar tödlichen Folgen. Dass das Risiko so hoch ist, liegt vor allem am eingeschränkten Platz, der ein Ausweichen erschwert und den Luftaustausch einschränkt. Für die Rettung ist ebenfalls wenig Raum.

Viele Gefährdungen sind auch nicht sofort wahrnehmbar: Gefährliche Gase und Dämpfe sowie Sauerstoffmangel etwa bemerken die Personen im Einsatz oft zu spät. Die Gefahren durch elektrischen Strom werden ebenfalls unterschätzt. „Was wir nicht riechen, schmecken oder hören, ignorieren wir leicht“, weiß Dr. An­dreas Rickauer, Leiter des Sachgebiets „Behälter, Silos und enge Räume“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Oder das Risiko wird einfach verkannt.

Sicherheitsmaßnahmen für enge Räume

Sofern möglich, sollte vermieden werden, dass Beschäftigte überhaupt in Behältern und anderen engen Räumen arbeiten müssen. Ist das nicht möglich, gilt es vor und beim sogenannten Befahren verschiedene Sicherheitsmaßnahmen zu beachten. So müssen Führungskräfte eine Gefährdungsbeurteilung und ein Schutzmaßnahmenkonzept erstellen, wobei Sicherheitsbeauftragte sie unterstützen können.

Zum Konzept gehört auch, dass Vorkehrungen für eine schnelle und schonende Rettung getroffen werden. „Es ist wichtig, die Rettung regelmäßig zu üben, damit im Notfall schnell gehandelt werden kann und jeder Handgriff sitzt“, betont Rickauer. Die Gefährdungsbeurteilung und das Konzept werden im sogenannten Befahr-Erlaubnisschein dokumentiert. Vorlagen dafür finden sich auf der Internetseite der Berufsgenossenschaften.

Rettung aus engen Räumen und Behältern üben

In engen Räumen und Behältern ist wenig Platz, um ...

Eine qualifizierte Person beaufsichtigt die Arbeiten

Diesen Schein stellt die aufsichtsführende Person aus. In der Regel handelt es sich dabei um eine Führungskraft. „Wichtig ist, dass die aufsichtsführende Person die Anlage gut kennt und fachlich sowie persönlich in der Lage ist, die Arbeiten zu koordinieren und dabei immer den Arbeitsschutz im Blick zu haben“, informiert Rickauer. Zu den Aufgaben gehört zum einen, den Erlaubnisschein auszustellen, zum anderen weist sie die Beschäftigten vor Ort ein.

Reinigen von Behältern

Zu den vorbeugenden Schutzmaßnahmen vor dem Befahren zählt das Reinigen. Im Beispiel des Rührkessels erfolgt dies mit Stickstoff, um das Risiko von Explosionen zu beseitigen. Danach wird mit Lösungsmitteln gespült und mithilfe eines Belüftungsgeräts gelüftet. Nach einer Kontrolle trennt ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin die Zuleitungen ab und das Rührwerk wird gegen unbeabsichtigtes Wiedereinschalten gesichert.

Außerdem misst am Tag des Befahrens eine fachkundige Person den Sauerstoffwert im Kessel und prüft, ob auch die Konzentration an Gefahrstoffen nicht zu hoch ist. Bei anderen Behältern gehört dieses Freimessen ebenfalls zur Vorbereitung.

Praxistipps

Das können Sicherheitsbeauftragte beitragen:

  1. Gefährdungsbeurteilung: Vorgesetzte bei der Erstellung unterstützen und sich einbringen.
  2. Einweisung: Darauf achten, dass die aufsichtsführende Person alle Beteiligten ausreichend in ihre Aufgaben und die Besonderheiten des Umfeldes einweist.
  3. Persönliche Schutzausrüstung: Im Blick behalten und dazu motivieren, dass die notwendige PSA ausgewählt und richtig angelegt wird.
  4. Erste Hilfe: Vorgesetzte daran erinnern, in regelmäßigen Abständen Übungen zur Rettung und Ersten Hilfe durchführen zu lassen.

Persönliche Schutzausrüstung anbringen

Schließlich installieren die zuständigen Beschäftigten noch Schutzmaßnahmen gegen Absturz. „In vielen Fällen empfiehlt sich ein Windenausleger-System, das nicht nur gegen Abstürze sichert, sondern auch im Notfall zur Rettung eingesetzt werden kann“, sagt Rickauer. Wenn ein Kollege oder eine Kollegin die Befahrung beginnt, ist es wichtig, dass ein Sicherungsposten aufgestellt ist.

Beide müssen zuvor noch ihre persönliche Schutzausrüstung (PSA) anlegen. Im Falle des Rührkessels handelt es sich dabei um einen Helm mit Kinnriemen, eine Schutzbrille, Handschuhe gegen mechanische Einwirkungen sowie Arbeitsschuhe. Die Person, die den Kessel befährt, braucht hier da­rüber hinaus noch ein Atemschutzgerät mit Halbmaske.

Eine Sicherung gegen Absturz ist bei Arbeiten in engen Räumen sehr wichtig. © Foto: BG RCI

Sichtkontakt und Handzeichen sind unerlässlich

Ein Gasfilter und ein Auffanggurt wird vor dem Einstieg mit dem Auffangsystem verbunden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass sich die verschiedene PSA nicht behindert. Das für die Reparaturen benötigte Werkzeug sollen Beschäftigte nicht selbst transportieren. „Besser ist es, wenn es mit einer Sicherheitslastrolle in den Behälter gelassen wird“, so Rickauer. Das gilt ebenso für Austauschteile.

Während der Arbeit hält der Sicherungsposten permanent Sichtkontakt mit dem Kollegen oder der Kollegin im Behälter. So bekommt er gleich mit, wenn etwas nicht stimmen sollte. Darüber hinaus verständigen sich beide Personen mit Handzeichen. Außerdem muss der Arbeitsplatz gut beleuchtet sein. Da eine defekte Lampe Funken schlagen und eine Explosion auslösen kann, ist Licht von außen sicherer.