Arbeitssicherheit : Fehlerkultur: Aus Fehlern lernen
Fehler ist nicht gleich Fehler. „Grob gesagt gibt es Fehler, die verhindert werden müssen, weil sie Leib und Leben gefährden. Und es gibt kleinere Fehler, die passieren, aus denen sich aber lernen lässt“, fasst Martin Prüße, Leiter des DGUV Sachgebiets „Veränderung der Arbeitskulturen“ zusammen. Fehler der ersten Kategorie zu verhindern, ist die Pflicht von Betrieben. Der Umgang mit der zweiten ist die Kür.
An solchen Mängeln und Versehen zu arbeiten gelingt mit einer positiven Fehlerkultur. Zu dieser gehört, Fehler nicht bestrafen zu wollen, sondern zu nutzen, um Lerneffekte zu erzielen. Um das zu erreichen, sollte allen im Betrieb klar sein: „Auf Versäumnisse und Missstände hinzuweisen ist nicht anschwärzen“, betont Prüße. Vielmehr sollten Fehler klar benannt werden, am besten im Rahmen eines festen Formats: „Das können Runden zur Fehlerbesprechung sein, zu denen nicht nur Führungskräfte einladen, sondern zum Beispiel auch Sicherheitsbeauftragte, schließlich haben sie einen guten Überblick“, meint Prüße.
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Positive Fehlerkultur statt Schuldzuweisungen
Schuldzuweisungen sollten in diesen Runden dann vermieden werden. „Bei einer Regelabweichung braucht es die richtigen Fragen“, sagt Prüße. Er empfiehlt, nach der sogenannten FEE-Methode vorzugehen (siehe Info-Kasten). Personen, die etwa ihren Gehörschutz nicht tragen, sollten Sicherheitsbeauftragte zunächst nach dem Grund fragen.
„Aber ohne schnelle Bewertung, sonst ist ein offenes Gespräch nicht mehr möglich.“ Danach werden jene, die ihren Hörschutz aufhaben, befragt, um herauszufinden, warum es bei ihnen funktioniert.
Die FEE-Methode
Fakten von Emotionen und Erwartungen trennen
- Fakten: Zum Beispiel: Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) wird nicht getragen
- Emotionen: Wie geht es mir damit, dass andere die PSA nicht tragen?
- Erwartungen: Was erwarte ich von anderen Personen?
Suche nach Lösungen steht am Ende des Prozesses
Daraus ergibt sich ein Gesamtbild: Liegt ein Fehlverhalten einer einzelnen Person vor? War es lediglich ein Versäumnis? Oder besteht ein grundsätzliches Problem, zum Beispiel, weil der Hörschutz unbequem ist oder Einzelne nicht verstanden haben, wie wichtig es ist, ihn zu tragen. Anschließend kann begonnen werden, nach Lösungen zu suchen. Um im Beispiel zu bleiben: Ist der Tragekomfort das Problem, könnten andere Modelle angeschafft werden.
Doch es gibt auch größere Fehler, die sich nicht ganz so leicht beheben lassen. Dazu gehören etwa Maschinen, bei denen Sicherheitsfunktionen außer Kraft gesetzt werden. Die Ursachen dafür sind vielfältig, liegen aber zumeist im Produktionsprozess.
An der Fehlerkultur arbeiten alle gemeinsam mit
Ohne die Unterstützung von Führungskräften ist ein Produktionsprozess aber kaum zu ändern. „Dieses Thema anzusprechen ist für Sicherheitsbeauftragte oft nicht so leicht. Hier brauchen sie Mut, Rückgrat und Hartnäckigkeit, damit Vorgesetzte das Problem nicht ignorieren“, meint Prüße. Er rät Betrieben, einen Prozess für den Umgang mit solchen Fehlermeldungen zu schaffen.
Der Arbeitsschutzausschuss kann für diese beispielsweise klare Zuständigkeiten festlegen und benennen, wer verantwortlich ist. „Das sendet auch ein deutliches Signal an die Belegschaft: Bei uns werden Hinweise ernst genommen.“ Damit sich eine positive Fehlerkultur etablieren kann, muss sich dann aber auch sichtbar etwas verändern. Sonst sinkt die Bereitschaft rasch wieder, aus Fehlern zu lernen.