Arbeitssicherheit : Berufskrankheiten frühzeitig vorbeugen
Vor und nach jedem Dienst, vor und nach der Essensausgabe, vor und nach der Pause: Dass sich Pflegekräfte in Alten- und Pflegeheimen zehnmal am Tag die Hände waschen, ist normal. Hinzu kommt die kontinuierliche Händedesinfektion, etwa 20-mal pro Dienst – zum Beispiel beim Verbandswechsel.
Doch nicht nur in der Pflege, auch an vielen anderen Arbeitsplätzen haben Hände ständig Kontakt mit Wasser, Seife und Chemikalien. Was der Hygiene dient, ist für unsere Körperhülle schädlich. Denn Wasser und Seife beeinträchtigen die natürliche Schutzbarriere der Haut und lassen sie austrocknen.
Die Haut kann sich röten, jucken und Risse bilden. Keime haben dann leichtes Spiel. Sie dringen in die Haut ein und rufen Entzündungen hervor. Fachleute der Dermatologie sprechen dann von Ekzemen.
Im schlimmsten Fall droht die Arbeitsunfähigkeit
Beschäftigte, die in ihrem Beruf häufig mit Reinigungsmitteln, Wasser, aber auch mit Chemikalien oder allergieauslösenden Stoffen umgehen, sind besonders anfällig für Ekzeme. Zu ihnen zählen Beschäftigte der Gebäudereinigung, Krankenpflege, Gastronomie sowie des Friseur-, Metall- oder Fliesenlegerhandwerks.
Das chronische Handekzem gehört zu den Erkrankungen, die von diesen Beschäftigten am häufigsten gemeldet werden. Im schlimmsten Fall sind Betroffene so stark beeinträchtigt, dass sie nichts mehr anfassen können. Oft sind sie dann arbeitsunfähig und müssen ihre berufliche Tätigkeit aufgeben.
Individualprävention gegen schlimme Krankheitsverläufen
Damit es nicht so weit kommt, ist es wichtig, Hautveränderungen vorzubeugen und geschädigte Haut im Frühstadium zu heilen. Dafür haben die Unfallkassen und Berufsgenossenschaften verschiedene Angebote entwickelt, zum Beispiel Hautschutzseminare sowie Informationsmaterialien. Da sich solche Präventionsmaßnahmen von Branche zu Branche sehr stark unterscheiden und je nach Person individuell ausgewählt werden, fasst man sie unter den Begriff Individualprävention zusammen.
Die Bemühungen der gesetzlichen Unfallversicherung wirken: Die Zahl der als Berufskrankheit eingestuften Hauterkrankungen sind von 2018 bis 2020 um beinahe 25 Prozent zurückgegangen. Vielen Beschäftigten wurde großes Leid erspart und sie konnten an ihrem Arbeitsplatz tätig bleiben.
Was ist eine Berufskrankheit?
- Berufskrankheiten sind Erkrankungen, die Beschäftigte durch ihre berufliche Tätigkeit erleiden. Als Berufskrankheit kann eine Erkrankung demnach nur dann gelten, wenn Einflüsse bei der Arbeit sie verursachen. Diesen Einwirkungen müssen Beschäftigte aufgrund ihrer Arbeit wesentlich stärker als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sein. Berufskrankheiten sind in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) aufgelistet.
- Wann gelangt eine Krankheit auf die Berufskrankheiten-Liste? Diese Liste wird aktualisiert, wenn neue medizinische Erkenntnisse vorliegen. Welche Krankheiten auf die Berufskrankheiten-Liste gesetzt werden, entscheidet die Bundesregierung. Dabei berät sie sich mit einem Gremium aus Betriebsärztinnen und -ärzten sowie weiteren Fachleuten.
- 2020 hat der Deutsche Bundestag das 7. SGB-IV-Änderungsgesetz beschlossen. Die Neuregelungen umfassen unter anderem den Wegfall des Unterlassungszwangs und die Förderung der Forschung zu Berufskrankheiten. Neue Berufskrankheiten sollen zügiger als solche anerkannt und das Verfahren transparenter werden.
Hier finden Sie noch mehr Informationen zu Berufskrankheiten.
Atemwegserkrankungen gezielt entgegenwirken
Künftig sollen noch mehr arbeitsbedingte Erkrankungen verhindert werden, indem präventive Maßnahmen gezielt in bestimmten Branchen oder an spezifischen Arbeitsplätzen ergriffen werden. Ein Beispiel sind Atemwegserkrankungen. Atemwege und Lungen von Beschäftigten können an vielen Arbeitsplätzen unterschiedlichster Branchen belastet sein.
Ein großes Risiko ist beispielsweise Mehlstaub in Lebensmittel herstellenden Betrieben. Auch in Metall- und Holzbetrieben haben Beschäftigte mit gefährlichen Stäuben zu tun. Schädlich sind beispielsweise harzhaltiger Holzstaub, Asbestfasern sowie Nickel-, Quarz- und Aluminiumstaub. Werden die Kleinstpartikel eingeatmet, können sie in die winzigsten Verästelungen der Lunge vordringen und diese schädigen. Das Gewebe kann vernarben. Im schlimmsten Fall lösen die Stäube Krebs aus.
Warnzeichen frühzeitig ernst nehmen
Betroffene leiden zu Beginn meist an weniger bedrohlich wirkenden Symptomen: Sie haben häufig Schnupfen, Husten oder sind kurzatmig, auch ohne sich viel zu bewegen. Zu oft werden diese Warnzeichen nicht als Beginn einer sich anbahnenden, schweren Erkrankung erkannt. Deshalb ist es wichtig, Symptome ernst zu nehmen, sie frühzeitig richtig einzuordnen und mit individuell abgestimmten, vorbeugenden Maßnahmen rechtzeitig gegenzusteuern.
Damit dies in Zukunft noch besser gelingt, startete die gesetzliche Unfallversicherung ein Programm für die Individualprävention von Atemwegserkrankungen: das Pilotprojekt „Frühmeldeverfahren Atemwege“.
Tipps für Sicherheitsbeauftragte
- Informationsmaterialien der gesetzlichen Unfallversicherung empfehlen, beispielsweise zum Hautschutz.
- Kolleginnen und Kollegen mit Atemwegsbeschwerden ansprechen und auf das „Frühmeldeverfahren Atemwege“ aufmerksam machen.