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Persönliche Schutzausrüstung und Nachhaltigkeit
Viele Einzelfaktoren zahlen auf das Thema Nachhaltigkeit ein – auch bei PSA. © raufeld

Arbeitssicherheit : Persönliche Schutzausrüstung und Nachhaltigkeit

Zwar hat die Schutzwirkung absolute Priorität – dennoch schließen sich persönliche Schutzausrüstung (PSA) und Nachhaltigkeit nicht aus. So sparen Betriebe Ressourcen.

Von Gehörschutz über Atemschutz bis zu Hautschutz: Für Beschäftigte verschiedenster Branchen ist persönliche Schutzausrüstung (PSA) ein unverzichtbarer Begleiter. Im Betrieb bedeutet die Anschaffung nicht nur logistischen Aufwand – sie vergrößert auch den ökologischen Fußabdruck. PSA sollte daher unbedingt auch dann berücksichtigt werden, wenn Unternehmen nachhaltiger agieren wollen. Oft können schon einfache Maßnahmen positive Veränderungen erzielen.

Bislang ist nachhaltige PSA noch ein Nischenthema. „An erster Stelle muss immer der Schutz der Nutzenden stehen. Wenn das auf nachhaltige Art und Weise funktionieren kann, umso besser“, sagt Henk Vanhoutte, Generalsekretär bei der European Safety Federation (ESF) mit Sitz in Belgien. Die gemeinnützige Organisation schafft Bewusstsein für neue Themen und Trends rund um PSA.

Qualität zahlt auf Nachhaltigkeit ein – und lohnt oft auch finanziell

Auch bei Nachhaltigkeit gilt es, zunächst ein Bewusstsein für die Möglichkeiten und Grenzen zu schaffen. „Besonders relevant ist die Haltbarkeit von PSA. Es ist erstrebenswert, sie lange zu nutzen“, so Vanhoutte. Das hängt aber von weiteren Faktoren ab: Wie langlebig ist das Material, lässt es sich reinigen oder reparieren – und bleibt die Schutzwirkung erhalten? Höhere Anschaffungskosten amortisieren sich oft langfristig, weil PSA in guter Qualität meist länger hält.

Auch Beschäftigte sollten ihren Teil dazu beitragen, damit PSA lange hält. Gute Qualität kann da nur förderlich sein, sagt Vanhoutte: „Wenn ich meinen Beschäftigten immer das billigste Produkt vorsetze, das schnell verschleißt und vielleicht schlecht sitzt: Wie hoch ist dann die Chance, dass sie sorgsam damit umgehen?“ Im Zweifel wird PSA gar nicht genutzt. Auf Probleme wie diese sollten Sicherheitsbeauftragte achten und bei Bedarf das Gespräch suchen.

Nachhaltigkeitsfaktoren bei Kauf und Nutzung von PSA

  • Produktionsbedingungen: Umwelt- und Sozialstandards am Produktionsstandort erfragen, ggf. Hersteller wechseln
  • Material: Auf Qualität setzen, Hersteller vergleichen und Möglichkeiten von Mehrweg- bzw. Recyclingmaterial prüfen
  • Versand und Lieferwege: Sammel- statt Einzelbestellungen tätigen, passgenau bestellen, um Retouren zu vermeiden; ggf. Lieferanten in der Nähe recherchieren
  • Verpackung: Möglichkeiten der Müllvermeidung erfragen, zum Beispiel durch eine Verpackung für mehrere Produkte
  • Nutzung, Pflege und Entsorgung: Herstellervorgaben beachten, Beschäftigte in sachgerechter Nutzung und Pflege unterweisen

Für nachhaltige Schutzausrüstung zählen viele Faktoren

Wollen Betriebe ihren ökologischen Fußabdruck verbessern, sollte immer die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet werden. Neben den Produktionsbedingungen und den Lieferwegen ist die Verpackung eine relevante Stellschraube. Es gibt laut dem Experten PSA, die zwingend einzeln und in Plastik verpackt werden muss. Etwa, weil sie keinesfalls feucht werden darf. Bei weniger sensiblen Produkten könnte recyclingfähiges Material eine Option sein.

Großes Potenzial sieht Vanhoutte bei der gedruckten Nutzungsanweisung, die PSA verpflichtend beiliegen muss: „Oft hat die den Umfang eines kleinen Buches. Wir arbeiten an Ideen für digitale Lösungen.“ Der Effekt wäre enorm. Die ESF hat errechnet, dass für diese Anweisungen jährlich mehr als 400.000 Tonnen Papier anfallen. Noch wird an einer rechtlich sauberen, praktikablen Lösung gefeilt. Ebenso an verschiedenen Gesetzesinitiativen, die Nachhaltigkeitsstandards für PSA etablieren wollen.

Impulse: Das sollten Sicherheitsbeauftragte im Blick haben

  • PSA vorm Kauf prüfen: Stimmt die Qualität, entspricht die Bestellung dem Bedarf im Betrieb? Letzteres können oft auch Sicherheitsbeauftragte gut einschätzen.
  • PSA fachlich erläutern: Beschäftigte müssen zu PSA unterwiesen werden. Sicherheitsbeauftragte können prüfen, ob die Unterweisungsinhalte angekommen sind – und ob die folgenden Vorgaben eingehalten werden.
  • PSA sachgemäß nutzen: Werfen Beschäftigte den Helm in die Ecke, lassen das UV-Schutzmittel in der Sonne stehen oder beschädigen Schutzkleidung durch unsachgemäße Nutzung, muss PSA früher als nötig entsorgt werden.
  • PSA korrekt reinigen: Verschmutzungen und falsche Reinigung können die Schutzwirkung von PSA beeinträchtigen.
  • PSA richtig entsorgen: Teilweise kann PSA mehrfach genutzt oder recycelt werden; kontaminierte Schutzkleidung muss sofort getrennt entsorgt werden.

Nachhaltigkeits-Label sind nur bedingt aussagekräftig

Kritisch sieht Vanhoutte die immer größere Zahl von Ökosiegeln. Hier gelte es, tiefer ins Thema einzutauchen. „Diese Siegel decken meist nur einen Teil der Produktion ab, nicht die gesamte Wertschöpfungskette.“ Auch der Hinweis auf recyceltes Material betreffe nie das gesamte Produkt. Für einen ersten Überblick empfiehlt Vanhoutte die Website ecolabelindex.com.

Kritische Nachfragen sollten direkt an den Hersteller adressiert werden. Im eigenen Betrieb lohnt es sich, Expertise zu bündeln. Idealerweise gibt es bereits ein Nachhaltigkeitsmanagement. „Mit diesem sollten sich Fachleute für Arbeitsschutz austauschen“, sagt Vanhoutte. So könne Fachwissen im Betrieb gestreut werden.

Klicktipp

Weitere Impulse zu PSA und Nachhaltigkeit in Ausgabe 1/22 von DGUV forum.

Im Gespräch mit Henk ­Vanhoutte wird deutlich: Einen allgemein­gültigen oder einfachen Weg zu nachhaltiger PSA gibt es nicht. Klar ist laut dem Experten aber auch: „Es gibt immer Möglichkeiten, etwas zu verbessern.“