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Neue Gefahrstoffverordnung: Beschäftigte besser schützen
Mithilfe des Ampel-Prinzips muss künftig eine Risikobewertung für Arbeiten mit Gefahrstoffen durchgeführt werden. © raufeld

Recht : Neue Gefahrstoffverordnung: Beschäftigte besser schützen

Die neue Gefahrstoffverordnung wurde veröffentlicht. Ziel ist es, die Sicherheit der Beschäftigten zu stärken – etwa durch das „Ampel-Prinzip“.

Arbeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen? Werden bestenfalls vermieden. Sind diese unumgänglich, braucht es Maßnahmen, um Beschäftigte vor gesundheitlichen Risiken zu schützen. Hier wurde nun nachgebessert. Die Neufassung der Gefahrstoffverordnung macht Vorgaben zur Risikobewertung, bei Tätigkeiten mit Asbest – einschließlich der Qualifizierung der Beschäftigten sowie der Anpassung an die geänderte EU-Krebsrichtlinie.

Dr. Jenny Teitzel Referentin Vorschriften und Regeln, Hauptabteilung Sicherheit und Gesundheit der DGUV © raufeld

Risikobewertung künftig verbindlich

Eine Neuerung verpflichtet künftig zu einer Risikobewertung für Arbeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen. Grundlage ist ein „Ampel-Prinzip“, mit dem die Expositions-Risikobeziehung bewertet wird. Je höher der Risikobereich, desto umfangreicher die Maßnahmen. Neu ist dieses Risiko und Maßnahmenkonzept nicht: Es war bereits in der Technischen Regel für Gefahrstoffe 910 (TRGS 910) verankert. Weil es nun aber in die neugefasste Gefahrstoffverordnung integriert wurde, ist es rechtlich bindend. Damit betont der Gesetzgeber die Dringlichkeit, die Risiken für Beschäftigte, an Krebs zu erkranken, realistisch einzuschätzen und wirksame Schutzmaßnahmen abzuleiten.

Risikobewertung mithilfe des Ampel-Prinzips

Die Risikobewertung ist abhängig von der Exposition gegenüber Gefahrstoffen. Maßnahmen werden nach dem STOP-Prinzip ermittelt. Sie sind umso dringlicher umzusetzen, je höher die Exposition ist. Mithilfe der Maßnahmen soll die Exposition so reduziert werden, dass die Tätigkeiten im niedrigen Risikobereich ausgeführt werden können.

Rot = Hohes Risiko

Maßnahmen unter anderem:

  • Substitutionsprüfung (Stoffe + Verfahren)
  • Räumliche Abgrenzung → Expositionsdauer verkürzen
  • Expositionsverzeichnis führen
  • Atemschutz (PSA) tragen
  • Tätigkeiten nur nach Vorgaben von spezieller TRGS ausüben
  • Mitteilung an Behörde (einschließlich des erstellten Maßnahmenplans)
  • Beschäftigte schulen

Gelb = Mittleres Risiko

Maßnahmen unter anderem:

  • Substitutionsprüfung (Stoffe + Verfahren) → Räumliche Abgrenzung
  • Expositionsverzeichnis führen
  • Expositionsdauer verkürzen
  • Atemschutz zur Verfügung stellen
  • PSA bei Expositionsspitzen tragen
  • Maßnahmenplan erstellen
  • Beschäftigte schulen

Grün = Niedriges Risiko

Maßnahmen unter anderem:

  • Substitutionsprüfung (Stoffe + Verfahren)
  • Räumliche Abgrenzung
  • Kontrolle, dass keine Verschlechterung der Exposition vorliegt
  • Expositionsverzeichnis führen bei gesundheitlicher Gefährdung (etwa bei Unfällen)
  • Atemschutz gegebenenfalls bei Expositionsspitzen empfohlen
  • Beschäftigte schulen

Neue Vorgaben zu Tätigkeiten mit Asbest

Neuerungen gibt es auch zu Asbest. Herstellung und Verwendung sind seit 1993 verboten. Ausnahmen galten bei Arbeiten mit Asbest nur für bauliche Maßnahmen, etwa Abbrucharbeiten. Nach der neuen Gefahrstoffverordnung werden nun Arbeiten an asbesthaltigen Baustoffen zur funktionalen Instandhaltung ermöglicht. Etwa wenn neue Steckdosen in asbesthaltigem Wandputz verbaut oder energetische Sanierungen durchgeführt werden. Das ist nicht nur für die Baubranche relevant, sondern betrifft auch viele weitere Handwerksbetriebe.

Ebenso besteht künftig eine Informationspflicht zu Asbest durch die Veranlasser baulicher Maßnahmen. Das heißt, diese müssen den ausführenden Bauunternehmen alle Informationen bereitstellen, die ihnen zu einem Gebäude vorliegen. Betriebe müssen diese Informationen prüfen und dabei insbesondere das Baujahr berücksichtigen. Das Bauunternehmen ist dafür verantwortlich, die Risiken zu bewerten und darauf basierend die Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Generell wird im Zuge der neuen Gefahrstoffverordnung vorausgesetzt, dass auch Klein- und Kleinstbetriebe die Gefahren durch Asbest ausreichend bewerten können. Darauf reagiert die Neufassung mit der Vorgabe, dass alle Beschäftigten, die Tätigkeiten mit Asbest ausüben, über Kenntnisse mit Asbest verfügen müssen. Die erforderliche Qualifikation steigt mit der Höhe des Risikos und des Verantwortungsbereichs.

Klicktipp

Die Neufassung der Gefahrstoffverordnung im Bundesgesetzblatt

So können Sicherheitsbeauftragte unterstützen

Sicherheitsbeauftragte sollten bei Arbeiten mit Gefahrstoffen über die nötigen Kenntnisse verfügen und ihre Vorgesetzten im Zweifel an das verpflichtende Ampel- Prinzip erinnern. Zudem geht jede Kollegin und jeder Kollege anders mit potenziellen Gesundheitsrisiken um. Manche sind verunsichert, andere zu forsch. Fällt dies Sicherheitsbeauftragten auf, sollten sie zunächst das direkte Gespräch suchen und anhaltende Probleme an ihre Vorgesetzten weitergeben.

Beratung durch den Unfallversicherungsträger

Bei Fragen zur neuen Gefahrstoffverordnung unterstützt die zuständige Aufsichtsperson. Auch auf den Websites der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen finden sich zahlreiche Informationen sowie Qualifizierungsangebote. Die GESTIS-Stoffdatenbank der DGUV informiert zudem detailliert zu Gefahrstoffen.