Gesundheitsschutz : So geht Staubschutz bei der Bäckerei
Das läuft ja wie beim Brötchenbacken! Dieser Spruch kommt einem rasch in den Sinn, wenn man die flinken, geübten und sicheren Handgriffe beobachtet, mit denen Dariusz Kowol zu Werke geht. Der Mitarbeiter der Goeken backen GmbH & Co. KG aus Bad Driburg in Nordrhein-Westfalen hat soeben den Edelstahlbottich, in dem der Brötchenteig geknetet wurde, hochgefahren und in der Querachse geneigt.
Mit einem Schaber wird der Teig auf die Arbeitsplatte befördert, binnen Sekunden ist er in handliche Stücke portioniert und weiter geht es zur nächsten Station. Dort werden die sogenannten Teiglinge geformt, so heißen die Brötchen im Rohzustand. Dariusz Kowol, der zugleich Sicherheitsbeauftragter ist, hat Trennmehl auf der hölzernen Arbeitsfläche verteilt. Dieses sorgt dafür, dass der Teig nicht anhaftet.
Auf eine ausholende Wurfbewegung, eigentlich eine typische Handbewegung im Bäckerhandwerk, hat Kowol aber verzichtet. Denn in der Bad Driburger Backstube lautet die Devise: „Bitte keinen Staub aufwirbeln!“ Eingeatmeter Mehlstaub kann zu gesundheitlichen Beschwerden führen und die waren in diesem Beruf so weit verbreitet, dass ein eigener Begriff dafür geprägt wurde: „Bäckerasthma“.
Staubschutz sorgt für bessere Atemluft
Die familiengeführte Goeken backen GmbH & Co. KG betreibt in der Region Ostwestfalen-Lippe mehr als 60 Bäckereifachgeschäfte. An diesen Verkaufsstandorten ist der Großteil der insgesamt rund 700 Beschäftigten tätig. Etwa 180 arbeiten wie Dariusz Kowol am zentralen Produktionsstandort. In allen Unternehmensbereichen wird viel Wert auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit gelegt.
So ist das Trennmehl, das die Bäckerinnen und Bäcker verwenden, ein spezielles, staubarmes Produkt. „Dieses einzusetzen war eine gezielte Entscheidung für die Gesundheit unserer Beschäftigten“, betont Markus Mandrys, von Beruf Bäckermeister, Produktionsleiter und ebenfalls Sicherheitsbeauftragter. Gegenüber dem „normalen“ Mehl, das als Backzutat dient, hat das Trennmehl eine erhöhte Partikelgröße. Diese wird dadurch erreicht, dass der Hersteller das Mehl mit Wasserdampf beaufschlagt.
Als weitere Maßnahme, die die Atemluft in der Backstube so weit wie möglich staubfrei hält, sind die „Kneter“, wie die Maschinen zum Anmischen des Teigs genannt werden, mit einer Absauganlage ausgestattet. Während die Kneter arbeiten, wird der Bottich mit einem Deckel verschlossen. Und das Gerät läuft auch nicht gleich „volle Pulle“, sondern am Anfang, wenn die staubenden Zutaten noch nicht gebunden sind, erfolgt eine Langsamrührphase mit verminderter Drehzahl.
In eigener Hand
Nicht zuletzt werden gesunde und sichere Arbeitsbedingungen dadurch erreicht, dass bei Goeken backen das Thema Reinigung einen hohen Stellenwert hat: 18 Beschäftigte gehören zum Reinigungsteam, das ebenfalls dem Produktionsleiter Markus Mandrys untersteht. Allein sechs Leute reinigen an sechs Tagen in der Woche die Backstube. „Das Team putzt von oben nach unten, zum Abschluss kommt der Fußboden an die Reihe. Damit es nicht staubt, wird bei uns nass gewischt“, berichtet Mandrys.
Das hört sich nach hohem Personaleinsatz an. „Aber es lohnt sich“, ist der Produktionsleiter überzeugt. „An dieser Stelle, wo Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Lebensmittelhygiene aufeinandertreffen, verlassen wir uns weder auf den Zufall noch auf Fremdfirmen. Wir nehmen das komplett in die eigene Hand.“
Austausch für den Unfall- und Arbeitsschutz
In seiner Eigenschaft als Vorgesetzter ist Mandrys ein zentraler Ansprechpartner für die Beschäftigten – auch in Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes. Daher ist es ihm wichtig, ständigen Austausch mit den Sicherheitsbeauftragten aller Unternehmensbereiche zu pflegen. Aus dem Verkauf ist heute Elisabeth Haberer, Leiterin eines Bäckereifachgeschäfts in Paderborn-Dahl, nach Bad Driburg gekommen. Die Bandbreite möglicher Gefährdungen für ihre Kolleginnen und Kollegen kennt die Sicherheitsbeauftragte aus dem Effeff. Da haben die Jahre, in denen sie als Bezirksleiterin eine große Anzahl weiterer Geschäfte regelmäßig besuchte, viel zum Erfahrungsschatz beigetragen. „Meist sind es Kleinigkeiten, die zum Risiko werden können – und gleichzeitig den Ansatz für die Prävention bilden“, berichtet Elisabeth Haberer.
Beispiel gefällig? „Wie halte ich das Messer und das Brötchen, wenn ich es aufschneide, um es zu belegen? Liegen Brotkrumen auf dem Boden des Verkaufsbereichs? Habe ich rutschfeste Schuhe angezogen? Das sind Fragen, die sich simpel anhören. Aber wer sie sich nie gestellt hat, kann schnell einen Unfall erleiden. Das zu vermeiden ist eine Sache der richtigen Unterweisung. Und die beginnt bei uns praktisch mit dem ersten Tag, wenn neue Beschäftigte und insbesondere Azubis in den Betrieb kommen“, erklärt die erfahrene Sicherheitsbeauftragte.
Unterstützung von den Profis
Der ehrenamtliche Einsatz der Sicherheitsbeauftragten ist bei Goeken backen also in allen Geschäftsbereichen verankert. Wirklich komplett werden Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz aber erst mit der Unterstützung durch professionelle Ansprechpersonen. Die Funktion der Fachkraft für Arbeitssicherheit nimmt ein externer Berater wahr, mit dem Markus Mandrys sich monatlich trifft. Diese Termine finden weniger im Büro statt, sondern meist steht eine Begehung auf dem Programm.
Beleuchtung in den Arbeitsbereichen, verbesserte Rutschfestigkeit der Böden, möglichst ermüdungsfreies Stehen – das sind Ansätze, bei denen laufend Optimierungen gesucht und gefunden werden. Diese Vor-Ort-Termine sowie das Feedback, das Markus Mandrys laufend aus der Belegschaft bekommt, liefern auch den Input, um die Gefährdungsbeurteilung stets auf dem neuesten Stand zu halten.
Durch Schulungen zu mehr Sicherheit im Betrieb
Zudem nutzt das Unternehmen das Beratungs- und Schulungsangebot der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN). Oliver Freimuth, der den Betrieb als Aufsichtsperson der BGN betreut, berichtet von einem Beispiel: „2018 haben wir gemeinsam mit dem Unternehmen eine Inhouse-Schulung hier am Standort veranstaltet. Teilnehmende waren die rund 30 neuen Auszubildenden, die Goeken backen soeben für sein Filialnetz eingestellt hatte.
Es wurden Themen behandelt wie das sichere Arbeiten im Verkauf, zum Beispiel zur Vermeidung von Schnittverletzungen sowie von Unfällen durch Stolpern, Rutschen und Stürzen – der häufigsten Unfallart im Backgewerbe. Hinzu kamen Anleitungen zur Hygiene und zum Hautschutz.“ Denn – und das gilt selbstverständlich für alle Branchen – häufiges Händewaschen mit Seife belastet die Haut. Je nach Arbeitsumgebung kann das Desinfizieren der Hände anstelle ständigen Waschens die bessere Lösung sein.
Nachhaltig gesund und fit
Maßnahmen wie die genannte Azubi-Schulung passen zum Anspruch des Unternehmens, dass Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz nachhaltig in die Belegschaft getragen werden. Im konkreten Fall: Die Auszubildenden, die an der Schulung der BGN teilgenommen haben, geben ihr Wissen an die Anfängerinnen und Anfänger weiter, die ihnen in den kommenden Berufsschulhalbjahren nachfolgen. Dasselbe tun erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie Elisabeth Haberer, wenn sie ihrerseits an Schulungen und Unterweisungen mitwirken.
Nicht ohne Stolz öffnet Markus Mandrys dem Reportageteam von „arbeit & gesundheit“ zum Schluss die Tür des Trainingsraums, der kürzlich am Betriebsstandort eingerichtet wurde. Zahlreiche Geräte zum Krafttraining können von den Beschäftigten genutzt werden. „Es geht aber nicht darum, dass wir große Muckis aufbauen, sondern wir wollen einen Ausgleich zu den Belastungen der Arbeit herstellen“, erklärt der Produktionsleiter.
Und auch hierbei verlässt Goeken backen sich auf professionelle Kompetenz: Seit Herbst 2019 kommt zweimal wöchentlich ein Physiotherapeut und Osteopath an den Standort. Die Untersuchungs- und Beratungstermine, die alle Beschäftigten kostenlos wahrnehmen können, erfreuen sich großer Nachfrage. Auch dieses Angebot passt zum Grundsatz der Nachhaltigkeit, wie der Produktionsleiter und Sicherheitsbeauftragte Mandrys abschließend bestätigt: „Eine qualifizierte Belegschaft, die sicher arbeitet und gesund bleibt, ist unsere wichtigste Ressource. Da bleiben wir dran.“