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Schädliche Vibrationen am Arbeitplatz verhindern
Ohne Schutzmaßnahmen würde insbesondere die Lendenwirbelsäule des Fahrpersonals durch Vibrationen belastet werden. © picture alliance/dpa/Felix Hörhager

Gesundheitsschutz : Schädliche Vibrationen am Arbeitplatz verhindern

Vibrationen können ernsthafte Folgen haben. Schwingungen und Vibrationen treten etwa beim Fahren von Fahrzeugen auf unebenen Wegen, im Handwerk oder Bauwesen.

Leicht erhöht sitzen Busfahrerinnen und Busfahrer in den Kabinen ihrer Fahrzeuge. Bis ins kleinste Detail ist ihr Sitz ausgeklügelt. So trägt er wesentlich dazu bei, dass Beschäftigte im Personenverkehr ihre Arbeit komfortabel und rückenschonend verrichten.

Zu den wohl wichtigsten Ausstattungsmerkmalen gehört das Federdämpfersystem, auf dem der Sitz dynamisch auf- und abschwingt. Die Funktion ist einfach erklärt: Gäbe es die Dämpfer nicht, würden sich die Erschütterungen der Straße nahezu ungehindert auf die Fahrerinnen und Fahrer übertragen. Ihr Rücken wäre kontinuierlich Vibrationen ausgesetzt. Jeden Arbeitstag.

Vibrationen als Gesundheitsrisiko häufig unterschätzt

Werden solche und andere Schutzmaßnahmen nicht ergriffen, können Vibrationen am Arbeitsplatz langfristig den Muskel-Skelett-Apparat von Beschäftigten schädigen. Es treten teilweise so schwere Erkrankungen auf, dass die Betroffenen nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten können. „Die Folgen von Vibrationen am Arbeitsplatz werden häufig unterschätzt“, sagt Christian Freitag.

Während die meisten wüssten, wie schädlich Lärm sein kann, seien die langfristigen gesundheitlichen Schäden von Vibrationen überwiegend unbekannt, so der Leiter des Bereichs Vibration des Instituts für Arbeitsschutz der DGUV (IFA). Jährlich gibt es rund hundert anerkannte Fälle von vibrationsbedingten ­Berufskrankheiten. Damit liegt die Zahl zwar auf ­einem konstant niedrigen Niveau. Der Experte geht aber von einer hohen ­Dunkelziffer aus.

Klicktipp

Mit einem Messgerät Vibrationen anzeigen lassen. Mehr dazu auf der Seite vom Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA).

Schmerzen durch Vibrationen am Arbeitsplatz

Je nach Tätigkeit und Arbeitsbereich sind Beschäftigte Hand-Arm- oder Ganzkörpervibrationen ausgesetzt. Erstgenannte entstehen durch handgehaltene und handgeführte Arbeitsgeräte, etwa Bohr- oder Schleifmaschinen. Erkrankungen des Hand-Arm-Skeletts oder Durchblutungsstörungen können die Folge sein. Besonders gravierend ist die Weißfingerkrankheit: Ist sie stark fortgeschritten, sind Nerven und Gefäße dann auf Jahre geschädigt. Betroffene empfinden ihre Hände häufig als taub oder erleiden plötzlich auftretende Schmerzattacken.

Oft bemerken Beschäftigte vibrations­bedingte Schädigungen zunächst nicht. Schmerzen in Muskeln oder Gelenken können erste Anzeichen sein. Aufmerksam werden sollten sie, wenn sich die Finger bei der Arbeit weiß verfärben oder es schwerfällt, kleine Objekte wie Schrauben oder Nägel festzuhalten und mit ihnen zu hantieren.

Ganzkörpervibrationen in Fahrzeugen

Beschäftigte, die in Fahrzeugen ­arbeiten, sind in der Regel Ganz­körpervibrationen ausgesetzt. Das betrifft etwa Arbeitsplätze in Bussen, Gabelstaplern oder Erdbaumaschinen wie Baggern. Hierbei ist vor ­allem der untere Teil der Lenden­wirbelsäule betroffen. „Die Vibration wird stets an einer bestimmten Stelle in den Körper geleitet“, so Freitag. Im Fall der Hand-Arm-Vibrationen ist dies die Stelle, an der das Arbeitsgerät gehalten wird. Bei der Ganz­körpervibration leitet der Fahrzeugsitz die Erschütterungen über das Gesäß in den Körper.

Eine Messscheibe registriert die Vibrationen während der Fahrt. Wie stark sie sind, zeigt das blau eingefasste Display. © IFA

Vibrationen am Arbeitsplatz
 messen

Soll ermittelt werden, wie stark die Beschäftigten belastet sind, hilft eine normgerechte Schwingungsmessung am Arbeitsplatz. Dafür werden an den jeweiligen Arbeitsgeräten Schwin­gungs­aufnehmer angebracht, wie Freitag erklärt. Für Fahrzeugsitze gibt es entsprechende Messscheiben, die auf die Sitzfläche gelegt werden. Fachleute können mit solchen Messvorrichtungen feststellen, wie hoch die Vibrationsbelastung für den ­Körper am jeweiligen Arbeitsplatz ausfällt.

Vibrationen am Arbeitsplatz sichtbar machen

Das IFA hat zudem ein spezielles ­Anzeigegerät entwickelt, das Betriebe zu Schulungszwecken ausleihen können. Es besteht aus einer Messscheibe auf dem Fahrersitz und ­einem Display, das die Vibrations­belastung visualisiert. „­Dabei machen wir uns eine Art Ampel­system zunutze. Ein Balken am rechten Displayrand sig­nalisiert über seine Farbe – Grün, Gelb, Rot –, ob die Schwingungsbelastung eine kritische Höhe erreicht.

So sind Schwingungen nicht mehr nur etwas, was Fahrerinnen und Fahrer vage spüren. Stattdessen können sie die Schwingungen sehen, bewerten und, ganz wichtig, aktiv verändern“, erklärt Freitag. ­Sicherheitsbeauftragte können an­regen, diese Vibrationsanzeige über den Unfallversicherungsträger auszuleihen, um Kolleginnen und Kollegen für den Umgang mit Vibrationen zu sensibilisieren.

Wichtige Vibrationswerte

Zum Schutz vor Vibrationen legt die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV) ­Auslösewerte und Exposi­tions­grenzwerte fest.

Erfahren Sie in dieser Broschüre mehr über Vibrationswerte, ­Regelungen und Maß­nahmen bei ­Vibrationen am ­Arbeitsplatz.

Fahrzeugsitz unbedingt richtig 
einstellen

Um die Lendenwirbelsäule zu schützen, sollte das Fahrpersonal akribisch auf die richtige Einstellung des dyna­mischen Fahrersitzes achten. Dieser lässt sich auch an das Körpergewicht der Beschäftigten anpassen. Erst dann kann er seine federnde Funk­tion voll erfüllen. Sicherheitsbeauftragte sollten regelmäßig ein Auge darauf haben, ob der Sitz tatsächlich korrekt eingestellt ist. „Oft sind Beschäftigte der Meinung, dass sich der Aufwand für kurze Strecken nicht lohnt. Aber das ist eine Fehlein­schätzung“, betont Freitag. Auch wer täglich kurze Strecken über un­ebenes Gelände fährt, kann seine Lendenwirbelsäule dauerhaft schädigen.

Um die Expositionsdauer von Hand-Arm-Vibrationen zu reduzieren, sollten Handwerksbetriebe möglichst ein Rotationsprinzip bei der Bedienung vibrierender und nicht vibrierender Maschinen einführen. Damit wird die Vibrationsbelastung unter den Beschäftigten so verteilt, dass niemand dauerhaft zu starken Schwingungen ausgesetzt ist.