
Recht : Das Gehör schützen
Lärm hinterlässt Spuren. Wer sich schon einmal ungeschützt in einer lauten Produktionshalle aufgehalten hat, kennt das anschließende „Klingeln“ in den Ohren. Regelmäßige Lärmbelastung kann zu irreparablen Hörschäden führen. Zudem werden Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt. Um Beschäftigte zu schützen, kommt häufig Gehörschutz zum Einsatz. Doch welcher ist der richtige? Die aktualisierte DGUV Regel „Benutzung von Gehörschutz“ liefert Handlungsimpulse.

Wann muss Gehörschutz getragen werden?
Zum Schutz vor Lärmrisiken greift das STOP-Prinzip: Können Substitution, technische oder organisatorische Maßnahmen die Risiken nicht ausreichend reduzieren, müssen Arbeitgebende passende persönliche Schutzausrüstung (PSA) bereitstellen. Basis sind die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung. Grundsätzlich gilt: Beschäftigte müssen Gehörschutz tragen, wenn an ihrem Arbeitsplatz der Tageslärmexpositionspegel von 85 B(A) oder ein Spitzenschallpegel von 137 dB(A) erreicht beziehungsweise überschritten wird. Der entsprechende Arbeitsplatz muss als Lärmbereich gekennzeichnet werden.
Was hat sich mit der PSA-Verordnung geändert?
Die aktualisierte DGUV Regel berücksichtigt die PSA-Verordnung (EU) 2016/425. Besonders relevant ist die Erweiterung der Risikokategorie III. Diese umfasst Risiken, die zu irreversiblen Gesundheitsschäden und tödlichen Folgen führen können. Dazu gehört nun laut Verordnung auch Lärm. Das bedeutet nicht nur für Hersteller von PSA strengere Vorgaben – auch Betriebe müssen noch genauer darauf achten, dass Beschäftigte ihren Gehörschutz korrekt tragen. Regelmäßige Unterweisungen mit praktischen Übungen sind Pflicht.
Worauf kommt es bei der Auswahl an?
Gehörschutz wird anhand verschiedener Faktoren ausgewählt. Auch sollten Verantwortliche auf das CE-Zeichen und eine Prüfung nach DIN EN 352 achten. Grundsätzlich kann die passende Schalldämmung nur dann ausgewählt werden, wenn die Lautstärke genau ermittelt wurde. Dabei hilft die Einteilung in Frequenzbereiche per „HML-Check“ (→ Anhang 2 DGUV Regel 112-194).
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Der passende Gehörschutz
Grundsätzliches
Mithilfe von Gehörschutz sollte eine Schalldämmung von 70 bis 80 Dezibel Restschallpegel erreicht werden.
Um diese Dämmung zu erreichen, können Gehörschützer ggf. miteinander kombiniert werden.
1. Kapselgehörschützer
Arten: passiv oder aktiv mit elektronischen Zusatzfunktionen
Ergonomie: Material, Größe und Anpressdruck dem individuellen Tragekomfort anpassen
Geeignet u. a. bei häufigem Auf- und Absetzen oder Neigung zu Gehörgangsentzündungen; ungeeignet z. B. bei Vibrationen; bei hoher Staubbelastung ist die Eignung abhängig vom Einzelfall und der Gefährdungsbeurteilung
2.Gehörschutzstöpsel
Arten: fertig geformt oder vor Gebrauch zu formen bzw. Mehrweg- oder -Einwegstöpsel
Ergonomie: verschiedene Materialien und Größen testen
Geeignet u. a. bei andauernder Lärmeinwirkung, hohen Temperaturen und Feuchtigkeit; Mehrwegstöpsel sind ungeeignet bei hoher Staubbelastung; in diesen Fällen sind Einwegstöpsel vorzuziehen
3. Gehörschutz-Otoplastiken
Individuell angefertigte Gehörschutzstöpsel mit akustischem Filter
Ergonomie: ideal aufgrund der individuellen Anfertigung
Geeignet u. a., wenn andere Gehörschützer abgelehnt werden oder bei Hörminderung; ungeeignet u. a. bei verschmutzten Händen und wiederholt kurzzeitiger Lärmexposition; bei hoher Staubbelastung ist die Eignung abhängig vom Einzelfall und der Gefährdungsbeurteilung
Wie vorgehen bei Hörproblemen?
Die DGUV Regel fokussiert auf die individuelle Versorgung. Sind medizinische Auffälligkeiten bekannt oder werden diese bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge festgestellt, muss die Auswahl von Gehörschutz besonders sorgfältig erfolgen. Für Personen mit Tinnitus kann sich beispielsweise Gehörschutz mit eingebautem Radiogerät eignen, um den Tinnitus zu verdecken.
Was leisten elektronische Zusatzfunktionen?
Gehörschutz mit elektronischen Zusatzfunktionen kann bei bestimmten Arbeitsabläufen erforderlich sein. Etwa wenn Kontakt per Funk nötig ist oder Betriebe den Komfort für ihre Beschäftigten erhöhen wollen. So kann etwa eine pegelabhängige Dämmung auf wechselnde Geräuschkulissen reagieren und die Schalldämmung elektronisch anpassen.
Klicktipp
Hilfestellung für die Auswahl und die Benutzung von Gehörschutz in der aktualisierten DGUV Regel 112-194.
Wie können Sicherheitsbeauftragte unterstützen?
Sicherheitsbeauftragte kennen die Arbeitsbedingungen ihres Teams oder ihrer Abteilung sehr gut. Idealerweise sind sie in stetem Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen und wissen, welcher Gehörschutz funktioniert und gut ankommt. Sie sollten gegenüber den Verantwortlichen anregen, dass den Beschäftigten immer mehrere Varianten zur Verfügung gestellt werden. Das erhöht die Chance, dass alle einen für sie passenden Gehörschutz finden – und diesen auch zuverlässig tragen.