Link to header
Die hohe Kunst des tiefen Schlafs
Ein gesunder Schlaf ist wichtig – nicht nur für die Leistungsfähigkeit. © Unsplash

Gesundheitsschutz : Die hohe Kunst des tiefen Schlafs

Viele Faktoren können einen gesunden Schlaf verhindern. Unter den Beschäftigten sind vor allem Schichtarbeitende betroffen.

Gut geschlafen? Diese Frage kann laut einer Krankenkassenstudie nur die Hälfte der Menschen in Deutschland regelmäßig mit Ja beantworten. Schlafstörungen nehmen in der Bevölkerung seit Jahren immer weiter zu. Beruflicher oder privater Stress gehören oft zu den Ursachen. Aber auch zu wenig Bewegung, zu viel Bildschirmlicht oder zu viel Koffein in den Stunden vor dem Zubettgehen können das Einschlafen erschweren.

„Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Menschen besonders anfällig für Schlafstörungen sind, wenn sie in Schichtarbeit tätig sind“, sagt Sylvia Rabstein vom Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV (IPA). Rabstein leitet mehrere Untersuchungen, in denen die gesundheitlichen Auswirkungen von Schichtarbeit erforscht werden. Ziel der Forschung ist die Verbesserung der Gestaltung von Schichtarbeit, um die Beschäftigten möglichst wenig zu belasten.

Tipp zum Weiterlesen

Gesund und sicher in Schichtarbeit tätig sein: Darüber informiert eine Publikation der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

Welche Faktoren den Tiefschlaf beeinflussen

Um ausgeruht in den folgenden Arbeitstag starten zu können, greifen manche Beschäftigten mit Einschlafproblemen auf Medikamente zurück. Fachleute warnen allerdings, dass Schlafmittel niemals über einen längeren Zeitraum eingenommen werden sollten, da sonst die Gefahr einer körperlichen Abhängigkeit groß sei.

„Wie sich die Schlafqualität zum Beispiel am Tag nach Nachtschichten im Vergleich zum nächtlichen Schlaf verändert, erforschen wir daher intensiv“, so Rabstein. Dabei geht es beispielsweise auch darum, welche Faktoren den Tiefschlaf beeinflussen. Ein Faktor könne etwa die Art des Lichts sein, der die Beschäftigten während der Arbeit und insbesondere kurz vor dem Zubettgehen ausgesetzt sind. Von diesen Forschungserkentnissen können wiederum nicht nur Schichtarbeitende profitieren.

Vor dem Schlafen auf blaues Licht verzichten

Der Ausschuss für Arbeitsstätten der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse empfiehlt, dass Nachtarbeitende von Lichtquellen mit weniger als 4.100 Kelvin umgeben sein sollten. Das entspricht Lampen, deren Lichtfarbe vom Hersteller etwa mit „Neutralweiß“ oder „Warmweiß“ bezeichnet wird.

Tageslicht hingegen hat eine Farbtemperatur von etwa 6.500 Kelvin und weist damit einen hohen Blau-Anteil auf. Licht geht im blauen Frequenzbereich oftmals auch von Computerbildschirmen und Mobiltelefonen aus und kann in der Nacht die Bildung des oftmals als Schlafhormon bezeichneten Melatonin beeinträchtigen, sagt Sylvia Rabstein. „Dadurch kann der zirkadiane Rhythmus, also die ,innere Uhr‘ eines Menschen, aus dem Takt geraten.“

Auch Menschen mit üblichen Tagesarbeitszeiten sollten vor dem Zubettgehen auf blaues Licht verzichten, um das Einschlafen nicht zu erschweren. Sonst kann leicht ein Teufelskreis entstehen: Abends können die Beschäftigten nicht einschlafen, sind in der Folge tagsüber übermüdet und versuchen sich mit aufputschenden Mitteln wie etwa Kaffee wach zu halten. Die Folge: Am Abend fällt das Einschlafen erneut schwer und allmählich rutschen sie in einen andauernden Zustand der Übermüdung.

Sechs Tipps für eine gesunde Nachruhe

© raufeld

  • Die richtige Temperatur: Das Schlafzimmer sollte nicht zu warm sein. Optimal ist eine Raumtemperatur zwischen 16 und 18 Grad.
  • Warme Füße: Unter der Decke werden auch kalte Füße warm, mit dicken Socken aber tritt die Entspannung schneller ein.
  • Tageslicht und frische Luft: Wer tagsüber viel an der frischen Luft ist, produziert abends mehr Hormone für den erholsamen Schlaf.
  • Rechtzeitig entspannen: Sport regt den Kreislauf und Stoffwechsel an, daher auf sportliche Aktivitäten bis zu 1,5 Stunden vor dem Einschlafen verzichten.
  • Richtig schön abdunkeln: Rollläden und dichte Vorhänge dunkeln das Schlafzimmer optimal ab.
  • Genussmittel meiden: Koffein, Nikotin und Alkohol regen Gedanken und Kreislauf an. Schlaffachleuteraten deshalb kurz vor dem Einschlafen davon ab.

Eule oder Lerche – eine Altersfrage

Es wird häufig diskutiert, dass der Chronotyp für die Einteilung von Schichtarbeit berücksichtigt werden könnte. Allerdings, so Sylvia Rabstein, müsse man dabei beachten, dass der Chronotyp sich im Laufe eines Lebens verändern kann und durch den Lebensstil beeinflusst wird. Während kleine Kinder in der Regel früh munter sind, neigen Jugendliche zu späterem Zubettgehen und Aufstehen. Bei Erwachsenen verkehrt sich dies wieder allmählich ins Gegenteil.

„Je älter wir werden, desto früher werden wir wach und verlegen unseren Tag wieder in die Morgenstunden“, fasst Rabstein zusammen. Würde man die Schichteinteilung nach Chronotyp vornehmen, müssten Spät- und Nachtschichten also eher von jüngeren Beschäftigten, Frühschichten eher von älteren Beschäftigten übernommen werden. „Die Jüngeren haben aber häufig auch im Privaten viel zu schultern – etwa die Versorgung kleiner Kinder“, sagt Rabstein.

Welcher Chronotyp?

Die Chronobiologie unterscheidet zwischen zwei Typen:

  • Lerchen: diesen Menschen fällt es leicht, in den Morgenstunden aktiv zu sein
  • Eulen: diese Menschen erreichen erst in den Nachmittags- oder Abendstunden ihr volles Leistungspotenzial

Nickerchen machen statt Kaffee trinken

Wichtig für alle Beschäftigten sei es, einem andauernden Schlafmangel vorzubeugen. Der kann schließlich zur Fatigue, einem Zustand tiefer Erschöpfung, führen, von dem sich der Körper nur langsam wieder erholt. Gerade in der ersten Phase der Corona-Pandemie sei die Gefahr solcher Erschöpfungszustände bei Beschäftigten deutlich gestiegen, wie Sylvia Rabstein erklärt – auch weil verpflichtende Ruhezeiten verkürzt werden konnten.

Doch egal, ob Schichtarbeit oder andere Faktoren verantwortlich sind, Fachleute raten Beschäftigten davon ab, sich zu sehr gegen Müdigkeit zu wehren. Schließlich ist die Erschöpfung ein Warnsignal des Körpers, dass Erholung nötig ist. Wer sich dauerhaft mit zu viel Koffein über schläfrige Phasen hinwegzuhelfen versucht, tut seiner Gesundheit damit nichts Gutes und erhöht zudem das Risiko, aus Übermüdung schwere Fehler bei der Arbeit zu machen.

Beschäftigte für gesunden Schlaf sensibilisieren

Besser ist es laut der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), wenn möglich eine kurze Pause einzulegen und vielleicht ein Nickerchen zu machen. Jeder sollte für sich selbst versuchen herauszufinden, welche Faktoren den individuellen Schlaf fördern oder beeinträchtigen. So gilt für viele, aber nicht für alle: Spätestens vier Stunden vor dem Zubettgehen sollte die letzte Tasse Kaffee getrunken werden. Sonst komme es leicht zu Einschlaf- und Durchschlafstörungen, heißt es in einer Information der DGSM.

Wichtig ist, dass Beschäftigte für das Thema „gesunder Schlaf“ sensibilisiert werden und einordnen können, welche Faktoren die Erholung nach der Arbeit beeinflussen können. Hier können Sicherheitsbeauftragte mit entsprechenden Informationen zur Seite stehen.