Gesundheitsschutz : Angebot zur nachgehenden Vorsorge
Wenn Beschäftigte bei der Arbeit gefährlichen Stoffen ausgesetzt sind, können auch Jahrzehnte nach der Berufstätigkeit arbeitsbedingte Erkrankungen auftreten. Die nachgehende Vorsorge soll helfen, mögliche Symptome früh zu erkennen. Ein Interview mit Yvonne Perleberg, Leiterin der Geschäftsstelle DGUV Vorsorge aus der Prävention der DGUV.
Frau Perleberg, was versteht man unter nachgehender Vorsorge?
Während des Berufslebens können Arbeitnehmende mit krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Stoffen in Kontakt kommen, beispielweise mit Asbest, Chemikalien oder Strahlung. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen Arbeitgebende beurteilen, ob und in welchem Umfang für Beschäftigte eine arbeitsmedizinische Vorsorge zu veranlassen ist. Die nachgehende Vorsorge ist eine Form der Angebotsvorsorge, die in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, kurz ArbMedVV, geregelt ist.
Das Besondere an der nachgehenden Vorsorge ist, dass sie nach Beendigung bestimmter Tätigkeiten angeboten werden muss. Der Grund dafür ist, dass es arbeitsbedingte Erkrankungen und Berufskrankheiten gibt, die erst lange nach der beruflichen Belastung auftreten. Ein Beispiel hierfür sind asbestbedingte Tumore, die zum Teil erst 30 bis 40 Jahre nach einer beruflichen Asbestexposition auftreten können. Für Versicherte mit einem besonders erhöhten Risiko für die Entstehung asbestbedingter Tumore der Lunge oder Pleura bieten die Unfallversicherungsträger als Teil der nachgehenden Vorsorge auch spezielle, erweiterte Vorsorgeangebote zur Früherkennung dieser Tumore an.
Klicktipp: Vorsorgeangebote zur Früherkennung von Lungentumoren
- Informationen der DGUV zur Früherkennung: https://gvs.bgetem.de/erweitertes-vorsorgeangebot-zur-frueherkennung-von-lungenkrebs
- Informationen des IPA zum erweiterten Vorsorgeangebot: https://www.dguv.de/ipa/forschung/molmedproj/molmedforsch/ipa-182-eva-mesothel.jsp
Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit Beschäftigte an einer nachgehenden Vorsorge teilnehmen können?
Die Voraussetzungen sind klar in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV), der Gesundheitsschutz-Bergverordnung (GesBergV) sowie der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) geregelt. Dazu gehören Tätigkeiten mit Exposition gegenüber den genannten Gefahrstoffen. Auch bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, die als krebserzeugende Tätigkeiten oder Verfahren der Kategorie 1A oder 1B im Sinne der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) bezeichnet werden, sowie Tätigkeiten mit Expositionen gegenüber Blei oder anorganischen Bleiverbindungen und Tätigkeiten mit Hochtemperaturwollen begründen das Angebot zur nachgehenden Vorsorge. Tätigkeiten bei Expositionen gegenüber fibrogenen Stäuben beziehungsweise ionisierender Strahlung, die unter die GesBergV oder die StrlSchV fallen, begründen ebenso die Verpflichtung zum Angebot der nachgehenden Vorsorge.
Was sind die Pflichten der Arbeitgebenden bei der nachgehenden Vorsorge?
Am Ende des Beschäftigungsverhältnisses haben Arbeitgebende die Möglichkeit, ihre Verpflichtung zum Angebot der nachgehenden Vorsorge auf den zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger zu übertragen. Voraussetzung in jedem Einzelfall ist, dass die betroffene Person dieser Übertragung zugestimmt hat. Seit Ende 2019 können Arbeitgebende die Meldung zur nachgehenden Vorsorge über das Meldeportal DGUV Vorsorge vornehmen. Stimmt die betroffene Person nicht zu, verbleibt die Verantwortung zur Organisation der nachgehenden Vorsorge bei den Arbeitgebenden.
Was ist DGUV Vorsorge? Welche Institutionen verbergen sich dahinter?
Seit einigen Jahren haben die Unfallversicherungsträger unter dem Dach der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ein gemeinsames Portal für die nachgehende Vorsorge namens „DGUV Vorsorge“ eingerichtet. Ziel war es, ein übergreifendes Vorsorgeportal zu installieren, das die bedarfsgerechte Organisation und Dokumentation der jeweiligen nachgehenden Vorsorgen ermöglicht.
Klicktipp: DGUV Vorsorge
Informationen, Erklärungen und das Meldeportal zur nachgehenden Vorsorge sind über die Website der DGUV zu finden.
Derzeit nehmen für die Unfallversicherungsträger vier Vorsorgedienste die Aufgaben der nachgehenden Vorsorge wahr:
- Die Gesundheitsvorsorge (GVS)
- Der Organisationsdienst für nachgehende Untersuchungen (ODIN)
- Das Fachkompetenzcenter „Strahlenschutz“ der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM)
- Der Bergbauliche Organisationsdienst für nachgehende Untersuchungen „Fibrogene Stäube“ (BONFIS)
2024 waren 800.000 Personen bei den Vorsorgediensten für die nachgehende Vorsorge erfasst.