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Späten Folgen auf der Spur
Beschäftigte, die mit krebserzeugenden Stoffen gearbeitet haben, können auch nach ihrem Beschäftigungsverhältnis eine arbeitsmedizinische Vorsorge in Anspruch nehmen. © Foto: Getty Images/Aja Koska

Gesundheitsschutz : Späten Folgen auf der Spur

Durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz können Beschäftigte erkranken. Einige Krankheiten brechen erst nach Jahrzehnten aus. Spätfolgen richtig vorbeugen.

Die Liste von Gefahrstoffen, denen Menschen am Arbeitsplatz ausgesetzt sein können, ist lang. Ebenso groß ist die Bandbreite, wie sie auf den Körper wirken: Einige Stoffe können Krebs erzeugen, andere menschliche Zellen verändern. Es gibt Gefahrstoffe, die die Fruchtbarkeit bei Mann und Frau beeinträchtigen oder Haut und Atemwege schädigen.

Oft sind die negativen Folgen nicht sofort spürbar. Die Erkrankung entwickelt sich mitunter über einen Zeitraum von oft mehreren Jahrzehnten. Zu den Spätfolgen gehören Allergien, Hauterkrankungen, Organschädigungen sowie Krebs.

„2019 waren fast 33 Prozent der anerkannten Berufskrankheiten Krebserkrankungen“, sagt Dr. Susanne Zöllner, Bereichsleiterin Gefahrstoffinformation am Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA).

Gefahrstoffe bestenfalls durch ungefährliche Stoffe ersetzen

Unternehmen müssen ihre Beschäftigten vor Gefahrstoffen schützen. Die beste Abwehr einer Erkrankung sei stets, die Gefährdung von vornherein auszuschließen, betont Dr. Zöllner: „Man muss immer klären, ob ein Gefahrstoff durch eine ungefährlichere Alternative oder das Arbeitsverfahren durch ein weniger gefährliches ersetzt werden kann.“

Welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen, ermitteln Arbeitgebende mithilfe der Gefährdungsbeurteilung. Grundlegend ist das STOP-Prinzip, das die Rangfolge der Schutzmaßnahmen festlegt: Die Substitution – also der Ersatz – von Gefahrstoffen ist am wirkungsvollsten und daher allen anderen Schutzmaßnahmen vorzuziehen.

Korrekter Umgang mit Gefahrstoffen

Die Suche nach ungefährlichen Alternativen trägt Früchte: Durch die Substitution konnten berufliche Expositionen gegenüber krebserzeugenden Gefahrstoffen in den vergangenen Jahren erheblich reduziert werden.

Das Potenzial ist aber längst nicht ausgeschöpft. Sicherheitsbeauftragte können einen Beitrag zum sicheren Umgang mit Gefahrstoffen leisten. Zum Beispiel können sie darauf achten, dass Schulungen und Unterweisungen regelmäßig erfolgen.

Außerdem haben sie ein Auge darauf, dass Beschäftigte Richtlinien befolgen und ihre persönliche Schutzausrüstung konsequent und korrekt tragen.

Das STOP-Prinzip

Schutzmaßnahmen gegen Gefahren an Arbeitsplätzen werden nach dem STOP-Prinzip ermittelt. Dabei hat die Substitution Vorrang vor technischen Maßnahmen, gefolgt von organisatorischen und personenbezogenen.

  • Substitution: Ersatz von Gefahrstoffen. Beispiele: Verzicht auf Formaldehyd, Nutzung benzolfreier Kraftstoffe
  • Technische Maßnahmen: Beispiele: technische Absaugung, Sicherheitsvorrichtungen an Maschinen, die das Austreten von Gefahrstoffen verhindern
  • Organisatorische Maßnahmen: Beispiele: Schulungen, räumliche Trennung einer Gefahrenquelle, Arbeitskleidung verbleibt im Unternehmen
  • Personenbezogene Maßnahmen: Beispiele: persönliche Schutzausrüstung wie Mund-Nasen-Schutz oder Hauben mit Gebläse

Zentrale Expositionsdatenbank ZED unterstützt bei Dokumentation

Krebsauslösende Gefahrstoffe gelten als besonders tückisch, unter anderem aufgrund der langen Latenzzeit: Zwischen der Belastung aufgrund einer beruflichen Tätigkeit und dem möglichen Ausbruch eines Krebses liegen in der Regel durchschnittlich 40 Jahre.

Damit ein Zusammenhang zwischen Arbeit und Entstehung der Krankheit nachvollzogen werden kann, sind seit 2005 alle Arbeitgebenden, deren Beschäftigte bei ihren Tätigkeiten durch krebsauslösende Stoffe gefährdet sind, verpflichtet, ein Expositionsverzeichnis zu führen.

Das bedeutet, dass die Namen und Kontaktdaten der Beschäftigten, die solchen Gefahrstoffen bei der Arbeit ausgesetzt sind, in ein Verzeichnis eingepflegt werden müssen. Ebenfalls sind Art, Intensität und Dauer der Exposition zu dokumentieren. Das Verzeichnis wiederum ist 40 Jahre lang aufzubewahren. Um diese in der Gefahrstoffverordnung verankerten Pflichten zu erleichtern, hat die DGUV die sogenannte Zentrale Expositionsdatenbank ZED angelegt.

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Nachgehende Vorsorge unterstützt Früherkennung

Je früher Krebs erkannt wird, desto größer sind die Chancen auf Heilung. Deshalb fordert die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) eine sogenannte nachgehende Vorsorge für Beschäftigte, die potenziell krebserzeugende Tätigkeiten beendet haben.

Sie beinhaltet zum Beispiel eine ärztliche Untersuchung der Atemwege, um Erkrankungen möglichst früh zu erkennen. Während des Beschäftigungsverhältnisses sind die Arbeitgebenden verpflichtet, die Beschäftigten auf das Vorsorgeangebot hinzuweisen beziehungsweise diese anzubieten.

Die nachgehende Vorsorge kann über die gesetzliche Unfallversicherung in Anspruch genommen werden. Möglich ist dies mit einer Meldung über das Meldeportal DGUV Vorsorge oder automatisiert über die ZED.

Klicktipps

Portal zu krebsauslösenden Gefahrstoffen des Instituts für Arbeitsschutz der DGUV (IFA)

Informationen über nachgehende Vorsorge von Beschäftigten, die mit krebserzeugenden Gefahrstoffen arbeiten

Nationales Schutzprogramm gegen Berufskrebs

Zum Schutz vor Berufskrebs hat die Gemeinsame Deutsche Arbeitsstrategie (GDA) für Betriebe das Programm „Sicherer Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“ lanciert. Der darin angebotene Gefahrstoff-Check soll dabei helfen, Gefährdungen am Arbeitsplatz zu erkennen und wirkungsvolle Schutzmaßnahmen zu ergreifen.