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Sichere Arbeitsbedingungen in der Schwangerschaft
Schwangere dürfen täglich nicht mehr als 8,5 Stunden arbeiten. Stressfaktoren wie Zeitdruck und körperliche Belastungen sollen sie vermeiden. © AdobeStock/SydaProductions

Recht : Sichere Arbeitsbedingungen in der Schwangerschaft

Das Mutterschutzgesetz soll es Schwangeren und Stillenden erleichtern, zu arbeiten, ohne dass ihre Gesundheit gefährdet ist.

Das Mutterschutzgesetz hat zum Ziel, den Schutz der Mutter und des heranwachsenden Kindes am Arbeitsplatz zu gewährleisten sowie einer Diskriminierung schwangerer und stillender Frauen im Beruf entgegenzuwirken.

Zwar dürfen Frauen sechs Wochen vor der Geburt und acht Wochen danach ohnehin nicht beschäftigt werden. Das Mutterschutzgesetz stärkt darüber hinaus während der gesamten Schwangerschaft sowie nach der Entbindung und in der Stillzeit den Gesundheitsschutz für Mütter und Kinder. Müttern sollen dadurch ihren Beruf so lange wie möglich ausüben können – mit möglichst denselben Tätigkeiten.

Unternehmen setzen Mutterschutz häufig nicht um

Doch die Umsetzung des Gesetzes in den Unternehmen gelingt nicht immer. So ergab eine Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes 2022, vier Jahre nach der Reform, dass das Gesetz nicht in allen Unternehmen und Einrichtungen eingehalten wird.

Mehr als die Hälfte der befragten Frauen gab an, dass es in ihrem Betrieb keine Mutterschutzmaßnahmen gäbe. Außerdem arbeite mehr als die Hälfte der Befragten wöchentlich länger als vereinbart und überschreite die während der Schwangerschaft zulässige tägliche Höchstarbeitszeit von 8,5 Stunden.

Klicktipps

Gefährdungsbeurteilung durchführen

Das neue Mutterschutzgesetz (MuSchG) und die Gründung des Ausschusses für Mutterschutz 2018 waren zwei wichtige Schritte zur Reform des Mutterschutzrechts. Ein weiterer Schritt folgte 2023 mit Veröffentlichung der Regel zur 
Gefährdungsbeurteilung. Sie widmet sich der zweistufigen mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung nach § 10 des MuSchG. Die Durchführung einer ist für Arbeitgebende verpflichtend.

Zwei Stufen der Gefährdungsbeurteilung nach Mutterschutzgesetz

Die mutterschutzrechtliche Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen müssen Arbeitgebende vor und nach Bekanntgabe einer Schwangerschaft durchführen: als anlassunabhängige und anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung. Dabei sind Arbeitgebende verpflichtet, sich alle Informationen zu beschaffen, die für die Beurteilung notwendig sind. Hilfreich sind Herstellerinformationen und Datenblätter von Maschinen und Gefahrstoffen sowie Messberichte zu Lärm und Vibrationen.

Gefährdungsbeurteilung, Stufe 1: anlassunabhängig

Arbeitgebende müssen die Arbeitsplätze ihres Unternehmens und die dort verrichteten Tätigkeiten dahin gehend prüfen, ob und inwiefern sie für Schwangere oder Stillende ein Gesundheitsrisiko darstellen. Diese Bewertung ist unabhängig davon durchzuführen, ob eine Schwangerschaft oder Stillzeit im Unternehmen bekannt ist.

Wenn bei der anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung unzulässige Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen für Schwangere und Stillende nach § 11 MuSchG festgestellt werden, sollten Unternehmen umgehend handeln. Der Gesetzgeber empfiehlt, erforderliche Schutzmaßnahmen zu definieren und umzusetzen, bevor eine Schwangerschaft bekannt wird. So schaffen Arbeitgebende die besten Voraussetzungen dafür, eine Frau während einer Schwangerschaft oder Stillzeit ohne Unterbrechung weiterbeschäftigen zu können.

Gut zu wissen

Bei Fragen des Gesundheitsschutzes können auch die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt weiterhelfen. Darüber hinaus können sich Sicherheitsbeauftrage mit rechtlichen Fragen an Mitarbeitendenvertretungen wenden.

Gefährdungsbeurteilung, Stufe 2: anlassbezogen

Nachdem eine Frau eine Schwangerschaft oder Stillzeit mitgeteilt hat, müssen Arbeitgebende die Gefährdungsbeurteilung anlass- beziehungsweise personenbezogen aktualisieren. Das bedeutet in der Praxis, dass die anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung erweitert wird. Die mit ihr festgesetzten Schutzmaßnahmen für Schwangere und Stillende sind zu prüfen und, sofern noch nicht geschehen, umzusetzen.

Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass für Schwangere und junge Mütter geprüft wird, inwiefern die Arbeit ihre Gesundheit gefährdet. In der Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz gehen Vorgesetzte für jede Arbeitsplatzart die Tätigkeiten durch und prüfen, ob eine Gefährdung für Mutter und Kind besteht. Diese Prüfung kann ergeben, dass einzelne Tätigkeiten nicht mehr möglich sind, weil etwa das Risiko durch den Umgang mit Gefahrstoffen als zu groß eingeschätzt wird. Vor einem Wechsel der Tätigkeit oder gar einer (Teil-) Freistellung sind Arbeitgebende verpflichtet zu überlegen, ob nicht durch eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes eine Weiterarbeit der Frauen möglich ist.

Mögliche Gefährdungen für Schwangere am Arbeitsplatz

Die Erwerbstätigkeit darf nur dann während der Schwangerschaft und Stillzeit weitergeführt werden, wenn das Unternehmen eine im Sinne des Mutterschutzgesetzes unverantwortbare Gefährdung ausschließen kann. Beispiele für unzulässige Risiken:

Körperliche Belastung

© raufeld

  • häufig schwere Lasten tragen
  • langes, ständiges Stehen
  • hohes Unfallrisiko durch Ausgleiten oder Stürzen
  • Vibrationen
  • hohes Arbeitstempo (Akkordarbeit)

Kontakt mit gefährlichen Stoffen

© raufeld

  • Biostoffe
  • andere Gefahrstoffe
  • Strahlung

Gesetzlicher Anspruch auf mutterschutzgerechte Anpassung der Arbeitsbedingungen

Arbeitgebende müssen Schwangeren oder Stillenden ein Gespräch über mögliche Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen anbieten. Beispielsweise haben Arbeitgebende dafür zu sorgen, dass werdende und stillende Mütter ihre Aufgaben kurz unterbrechen können, ohne dass negative Folgen für sie entstehen, wie etwa Zeitdruck oder eine Benachteiligung.

Zudem müssen Schwangere und Stillende sich in der Pause hinlegen, hinsetzen oder anderweitig ausruhen können. Diese Zusatzpausen gelten als Teil der Arbeitszeit. In den späten Phasen der Schwangerschaft kann es zum Beispiel sein, dass die Frauen nicht mehr so lange stehen können, häufiger die Toilette aufsuchen müssen oder aufgrund des eingeschränkten Lungenvolumens langsamer arbeiten. Damit sich die Frauen in Ruhe setzen oder hinlegen können, sollte es in Betrieben einen Ruheraum geben. Gibt es ihn nicht, können Sicherheitsbeauftragte anregen, dass einer eingerichtet wird.

Sicherheitsbeauftragte sollten darüber hinaus wissen, dass schwangere Frauen täglich nicht mehr als 8,5 Stunden arbeiten dürfen. Stressfaktoren wie Zeitdruck, ein hohes Aufgabenpensum und körperliche Belastungen bei der Arbeit sollten vermieden werden. Gleiches gilt für lange Fahrten und Wege.