Gesundheitsschutz : Das Betriebliche Eingliederungsmanagement
Ein Mitarbeiter erleidet einen doppelten Bandscheibenvorfall und fällt acht Wochen bei der Arbeit aus. Als er an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt, ist nichts mehr wie vorher. Der Tätigkeit als Schichtleiter im Lager eines Versandhandelsbetriebs kann er nur noch bedingt nachgehen. Langes Stehen macht ihm zu schaffen, ebenso das Heben von schweren Gegenständen.
Ein klassischer Fall für das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). Dadurch können Personen, die aufgrund einer Krankheit länger arbeitsunfähig sind, schrittweise in das Arbeitsleben zurückkehren. So auch der eingangs erwähnte Schichtleiter, der nun vorwiegend im Büro des Versandhandelsbetriebes tätig ist.
Rechtliche Grundsätze des Betrieblichen Eingliederungsmanagements
„Seit 2004 müssen laut Paragraf 167 des Sozialgesetzbuchs IX alle Arbeitgeber unabhängig von der Betriebsgröße ihren Beschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen ein Betriebliches Eingliederungsmanagement anbieten“, erklärt Oliver Fröhlke, Referatsleiter Disability Management bei der DGUV. Den Anspruch auf BEM haben alle Beschäftigten, die innerhalb von zwölf Monaten (unabhängig vom Kalenderjahr) länger als sechs Wochen am Stück oder wiederholt arbeitsunfähig sind.
Das BEM kommt bei arbeitsbedingten Erkrankungen zum Tragen, etwa infolge eines Arbeitsunfalls. Es greift jedoch auch bei Erkrankungen, die außerhalb des Arbeitslebens erfolgen, beispielsweise bei einer Sportverletzung. Ob Betroffene das Angebot annehmen, ist ihnen freigestellt. Das Verfahren wird nur mit ihrer Einwilligung durchgeführt, wobei sie ihre Zustimmung jederzeit widerrufen können.
Tipp zum Weiterlesen
Die neue DGUV Information 206-031 Betriebliches Eingliedrungsmanagement bietet eine Orientierung rund um das Thema BEM.
Ablauf des Betrieblichen Eingliederungsmanagements
Bevor das BEM-Verfahren beginnt, muss der Arbeitgeber überprüfen, ob die betroffene Person mindestens sechs Wochen arbeitsunfähig gewesen ist. Anschließend kann der Arbeitgeber den Kontakt aufnehmen. Er ist verpflichtet, über die Ziele des BEM aufzuklären sowie auf Art und Umfang der erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen.
Stimmt die erkrankte Person dem BEM zu, gilt es, gemeinsam individuelle förderliche Maßnahmen zu erarbeiten. „Wenn vorhanden, müssen weitere Personen hinzugezogen werden wie die Arbeitnehmervertretung und der betriebsärztliche Dienst“, so Oliver Fröhlke.
Die Schwerbehindertenvertretung hinzuziehen
Sind schwerbehinderte oder gleichgestellte Beschäftigte betroffen, muss die Schwerbehindertenvertretung hinzugezogen werden. Gibt es keine Arbeitnehmervertretung, können externe BEM-Experten die Maßnahmen leiten. Das Team kann zudem nach Zustimmung aller Mitwirkenden erweitert werden, beispielsweise um Fachkräfte für Arbeitssicherheit.
Effektive Unterstützung bei der Wiedereingliederung
Hilfreiche Beratung und Unterstützung bieten auch die Unfallversicherungsträger. Sie verfügen über umfassende Kompetenzen in den Bereichen Prävention und Rehabilitation und unterstützen Arbeitgeber bei ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum BEM. Die Durchführung des BEM-Verfahrens liegt ausschließlich im Verantwortungsbereich der Arbeitgeber. „Jedoch ist es in vielen Fällen gewinnbringend, Sicherheitsbeauftragte mit ins Boot zu holen“, weiß Oliver Fröhlke.
Erfahrungen in die Maßnahmenplanung einbringen
Sicherheitsbeauftragte sind im Betrieb häufig an der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung beteiligt. Diese spielt auch beim Planen der BEM-Maßnahmen eine wichtige Rolle. Ihre Erfahrungen und ihr Wissen über die Arbeitsprozesse können sie in die Maßnahmenplanung einbringen.
Darüber hinaus können sie als Vermittler zwischen Vorgesetzten und Betroffenen fungieren. Das meist gute Vertrauensverhältnis zu den Beteiligten ist dabei sehr förderlich. Nicht zuletzt können sie die Umsetzung der Maßnahmen begleiten und im Alltag überprüfen sowie gegebenenfalls die Vorgesetzten auf Missstände hinweisen.
Wissenswertes zum BEM für Sicherheitsbeauftragte
Um zielführend unterstützen zu können, sollten auch Sicherheitsbeauftragte wissen, wie das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) funktioniert und was es leisten kann. Bei Fragen helfen die Unfallversicherungsträger. Sie unterstützen unter anderem bei den Themen Implementierung und Datenschutz des BEM. Und sie vermitteln zwischen Unternehmen und externen Stellen, wie etwa Reha-Trägern.
- „Leitfaden zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement“ der DGUV
- Video zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement der Unfallkasse NRW
- Info-Broschüre für Betroffene des BMAS „Schritt für Schritt zurück in den Job“