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Maschinen im Notfall stoppen
Gut sichtbar, schnell zu erreichen und einfach zu bedienen: Darauf kommt es bei einer Notbefehlseinrichtung an. © Getty Images/Sunan Wongsa-nga

Arbeitssicherheit : Maschinen im Notfall stoppen

Um eine Maschine notfalls schnell abschalten zu können, müssen Beschäftigte die gesetzlich vorgeschriebenen Notbefehlseinrichtungen kennen und nutzen.

Es gibt Momente, da muss es schnell gehen. Gerät eine Kollegin mit der Hand in eine laufende Fertigungsmaschine, dann ist das so ein Moment. Um die Maschine umgehend stillzusetzen, muss der Nothalt ausgelöst werden. Doch wissen alle Beschäftigten, wo sich die Nothalt-Befehlseinrichtung befindet? Sind überhaupt alle im Team zum Auslösen befugt – und was passiert bei einer Fehlbetätigung? Fragen wie diese müssen Verantwortliche in Betrieben unbedingt klären, damit Beschäftigte im Notfall richtig reagieren, weiß Dr. Jost-Peter Sonnenberg, Leiter Präventionsabteilung Technische Sicherheit bei der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI).

Funktion und Unterschiede von Notbefehlseinrichtungen

Die Funktion ist schnell erklärt: Bei drohender Gefahr oder wenn bereits ein Unfall passiert oder ein technischer Defekt eingetreten ist, muss mit der Befehlseinrichtung die Maschine stillgesetzt werden – oder zumindest Teilfunktionen. Dabei ist zwischen Not-Halt und Not-Aus zu unterscheiden. Ebenso können verschiedene Schaltvorrichtungen genutzt werden. Wo der jeweilige Schalter installiert wird und welche Form sich eignet, hängt von der Maschine ab. Dr. Sonnenberg nennt eine einfache Faustformel: „Von überall gut sichtbar, schnell und leicht erreichbar.“

Not-Halt versus Not-Aus

Grundsätzlich:

  • Jede Maschine muss mit ­mindestens einer Notbefehlseinrichtung versehen sein.
  • Ausgenommen sind hand­geführte Maschinen.
  • Ob die vom Hersteller installierte Befehlseinrichtung die richtige Wahl ist, entscheidet die Gefährdungsbeurteilung; ergeben sich neue Gefährdungen, müssen Betriebe ggf. nachjustieren.

Not-Halt:

  • Bewirkt das Stillsetzen von Bewegungen oder Prozessen, von denen eine Gefahr ausgeht – oder die zu Schäden an der Maschine führen können.

Not-Aus:

  • Schaltet die elektrische Energie an einer Maschine ab, um die Gefahr eines Stromschlages oder eines Brandes zu minimieren oder zu vermeiden.
  • Der Not-Aus-Taster setzt in der Regel auch die Bewegungen der Maschine still, verbindet also beide Funktionen.

Bedienung:

  • Für Not-Halt und Not-Aus ­können identische Befehls­einrichtungen genutzt werden.

Zulässig sind:

  • Roter Drucktaster auf gelbem Grund (die häufigste Variante)
  • Drähte oder Seile mit Reiß­leinenschalter (für groß­flächige Absicherung, z. B. an Förderbändern)
  • Fußschalter ohne Schutzhaube (nur einzusetzen, wenn es keine Alternative gibt)

Barrierefreie Handhabung gewährleisten

Entscheidend ist, dass Notbefehlseinrichtungen möglichst barrierefrei sind. Sprich, sie müssen von jeder Person bedient werden können, sagt Dr. Sonnenberg. „Deswegen gibt es klare Anforderungen. Beispielsweise dazu, auf welcher Höhe die Befehlseinrichtung angebracht wird. Auch darf der Zugang nicht zugestellt sein, etwa durch Paletten.“ Arbeiten Menschen mit einer Behinderung im Betrieb, sollten die Notbefehlseinrichtungen im Zweifel individuell angepasst werden. Bei einer Sehbehinderung etwa wäre ein Taster in Übergröße denkbar, für Menschen im Rollstuhl eine besonders niedrige Installation, so Sonnenberg.

Beschäftigte unterweisen – und bestärken

Das technische Basiswissen ist das eine. Aber entscheidend ist laut dem DGUV-Experten etwas anderes: Notbefehlseinrichtungen können nur dann wirksam sein, wenn Beschäftigte sie im richtigen Moment auch betätigen. Deswegen sei es ganz wichtig, Beschäftigten die Angst vor diesen Schaltern zu nehmen. „Es muss absolut klar sein: Jede Person, die eine drohende Gefahr erkennt oder einen Unfall beobachtet, darf und muss den Notbefehl bedienen. Unabhängig davon, welche Position sie innehat.“ Denn wer zögert oder erst seine Vorgesetzten sucht, verliert oft kostbare Zeit.

Klicktipp: Infos zur Maschinensicherheit

Informationen und Interpretationen zu Maschinen allgemein von der BG RCI.

So können Sicherheitsbeauftragte unterstützen

Unbedingt sollte die sichere und entschlossene Betätigung von Notbefehlseinrichtungen ein Thema in Unterweisungen sein. „Wissen vertreibt die Angst“, so Dr. Sonnenberg. Darauf sollten auch Sicherheitsbeauftragte achten und bei Beschäftigten gezielt nachfragen, ob es noch Unsicherheiten gibt. Wenn dem so ist oder wenn die Handhabung von Notbefehlseinrichtungen unzureichend besprochen wurde, sollten Sicherheitsbeauftragte die Verantwortlichen darauf aufmerksam machen.

Und was passiert bei einer Fehlbetätigung?

Wird eine Maschine in einer laufenden Produktion gestoppt, kann die Verzögerung zu wirtschaftlichen Einbußen führen. Deswegen muss allen Beschäftigten klar sein, dass eine Notbefehlseinrichtung nicht allzu leichtfertig betätigt werden darf. Auch darf sie nicht für reguläres Abschalten missbraucht werden. Doch die Sorge vor möglichen Konsequenzen sollte laut Dr. Sonnenberg nicht dazu führen, dass Beschäftigte im Notfall zögern. Fahrlässig sei es, Beschäftigte im Falle einer Fehlbetätigung zu sanktionieren – sofern diese nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben. „Auch hier können Sicherheitsbeauftragte unterstützen und Verantwortliche dafür sensibilisieren, Beschäftigte nicht übertrieben vor einer Fehlnutzung zu warnen.“ Grundsätzlich sollte bei der Nutzung von Notfallbefehlseinrichtungen immer gelten: „Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig.“