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Erfolgreicher Weg zurück in den Beruf 
Nach ihrem Unfall musste Inka Bienek wieder lernen, ihren Körper zu belasten. Dabei half ihr das rückenschonende Arbeiten in der Reha. © Nikolaus Brade

Gesundheitsschutz : Erfolgreicher Weg zurück in den Beruf 

Nach einem Wegeunfall war die berufliche Zukunft einer Altenpflegerin ungewiss. Eine Tätigkeitsorientierte Reha bereitet sie auf die Wiederaufnahme der Arbeit vor.

Am Anfang stehen die Fragen: Wie geht es Ihnen? Wie stark ist der Schmerz auf einer Skala von eins bis zehn? Inka Bienek antwortet ruhig und mit fester Stimme. Sie weiß, wie wichtig die Einschätzung für ihre berufliche Zukunft ist. Denn nur wenn sie medizinisch wieder gesund ist, kann die Tätigkeitsorientierte Reha (TOR) starten – als letzter Schritt vor dem beruflichen Wiedereinstieg. Darüber entscheidet dieses Einstiegsgespräch.

Ein Testverfahren prüft, wie belastbar die Reha-Patientin ist

Den Schmerz stuft Inka Bienek als eine Vier bis Fünf ein. Und sie schafft es bereits wieder, zwei Kilometer am Stück zu gehen. Dr. Christiane Anke ist mit den Angaben zufrieden. Sie ist stellvertretende Chefärztin der Klinik für Physikalische und Rehabilitative Medizin am BG Klinikum Bergmannstrost Halle.

Dr. Anke schaut zudem auf die Narbe am linken Arm ihrer Patientin und testet dessen Beweglichkeit. Ihre Einschätzung: „Wir müssen schauen, welche Hilfsmittel Sie benötigen. Noch sind Sie nicht wieder in der Lage, alles zu machen. Die Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) wird genauer zeigen, wie belastbar Inka Bienek und wie weit sie bereits arbeitsfähig ist.

Bei der wöchentlichen Visite waren alle Therapeutinnen und Therapeuten einbezogen. Gemeinsam besprachen sie, ob der Therapieplan anzupassen sei. © Nikolaus Brade

Rückblende

Im November 2022 war Inka Bienek auf dem Weg von Eisleben in Sachsen-Anhalt zur Sozialstation des Deutschen Roten Kreuzes in Querfurt. Die zu diesem Zeitpunkt 59-Jährige war für eine Kollegin eingesprungen, um im Büro auszuhelfen. An einer Kreuzung kollidierte ihr Pkw mit einem Lkw – die mobile Altenpflegerin musste schwerverletzt ins Krankenhaus.

In der Klinik wurden diagnostiziert: eine Rippenserienfraktur, ein gebrochener Lendenwirbel, gebrochene Speiche am linken Arm, die Elle dort ausgekugelt sowie Verletzungen am rechten Knie. Die Verletzungen an den Rippen waren so schwerwiegend, dass die Gefahr innerer Blutungen bestand. Nach vier Tagen musste sie im Rettungswagen in eine größere Klinik nach Erfurt verlegt werden. Doch zum Glück bewahrheiteten sich die Befürchtungen nicht und ihr Zustand stabilisierte sich. Danach ging es schrittweise aufwärts.

Fit werden dank Sporttherapie und Ergotherapie

Im Dezember konnte Inka Bienek ihre stationäre Reha im BG Klinikum Bergmannstrost antreten. Mit einem klaren Ziel: „Von Anfang an wollte ich zurück in meinen Beruf.“ Doch zunächst galt es für die mobile Altenpflegerin, wieder gesund und fit zu werden. Ergotherapie, Physiotherapie und vor allem Sport standen auf dem Plan. Mit Geräten und Gewichten zu arbeiten, war Inka Bienek nicht gewohnt.

Doch mit großer Selbstdisziplin führte sie ihre Übungen aus, trainierte Beweglichkeit und Kraft – mit Erfolg: Zunächst konnten die Stützen weg, dann auch die Schienen am rechten Bein und linken Arm. Dort war nur noch eine Platte, die aber eine Belastung der Muskeln zulässt. Auch die Schmerzen wurden weniger. „Es ging stetig aufwärts“, sagt Inka Bienek rückblickend. Neben dem beruflichen Ziel, wieder als Pflegekraft arbeiten zu können, spornte sie auch Privates an: Sie wollte ihr kurz zuvor geborenes Enkelkind endlich allein halten können.

Auf dem Weg zurück in den Alltag half ihre Reha-Managerin Kristin Walczak von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Bei komplexen, schweren Verletzungen unterstützt sie Betroffene bei der beruflichen und sozialen Rehabilitation. Bei Inka Bienek sah sie die Möglichkeit, ihr mit einer tätigkeitsorientierten Reha bei der beruflichen Wiedereingliederung zu helfen. „Doch zur Vorbereitung brauchte es noch zwei Serien ambulante Reha in Wohnortnähe. Das haben wir in der Reha-Planung gemeinsam mit Dr. Anke festgelegt“, sagt Kristin Walczak.

Sport in der Reha

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Training an einem Arbeitsplatz, der nahe an der Tätigkeit ist

Nach der ambulanten Reha kehrte Inka Bienek ins BG Klinikum Bergmannstrost zurück für den letzten großen Schritt zur beruflichen Wiedereingliederung: die Tätigkeitsorientierte Reha. „Es handelt sich um ein spezifisches Verfahren der medizinisch-beruflichen Rehabilitation“, erläutert Dr. Christiane Anke. „Der Kern besteht darin, die Tätigkeit unter Bedingungen zu üben, die denen am Arbeitsplatz entsprechen – ärztlich und therapeutisch begleitet.“

Im Fall von Inka Bienek hieß es, dass sie als Pflegekraft auf einer Station im BG Klinikum Bergmannstrost ihre Tätigkeit übte. Bevor sie dorthin kam, erfolgte das Aufnahmegespräch mit Fragen zum Schmerzlevel und zur Wegstrecke sowie das EFL-Screening zum Stand der Belastbarkeit.

Außerdem erhielt Inka Bienek Unterstützung durch das Rückenkolleg der BGW. Sie wurde in Hebetätigkeiten geschult und bekam Hilfsmittel gezeigt, die sie etwa beim Umlagern von bettlägerigen Menschen unterstützen oder dabei, einen Menschen aus dem Rollstuhl zu heben und ins Bett zu setzen. Beispielsweise mithilfe eines Rutschbretts. Wenn Rollstuhl und Bett etwa auf gleicher Höhe sind, schiebt die Pflegekraft das Brett unter das Gesäß der pflegebedürftigen Person. Diese kann nun fast selbstständig auf die andere Sitzfläche am anderen Ende des Bretts hinüberrutschen.

Für den steten Muskelaufbau trainierte Inka Bienek mit Doreen Seukal ihren Trizeps in den Armen. © Nikolaus Brade

Was ist Tätigkeitsorientierte Reha?

  • Eine Tätigkeitsorientierte Rehabilitation (TOR) erfolgt an einem Arbeitsplatz, der den Bedingungen des originalen Arbeitsplatzes nachempfunden ist.
  • Verfahren der gesetzlichen Unfallversicherung, das nur spezialisierte BG Kliniken anbieten, ärztlich gesteuert und therapeutisch durch Training begleitet. Das Verfahren erfolgt in Absprache mit dem Reha-Management.
  • Ziel: Patientinnen und Patienten danach ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit wieder aufnehmen können.
  • Dauer: vier Wochen
  • Es können nur Personen eine TOR beginnen, mit stabilen Verletzungen und die bereits eine Belastung von täglich fünf bis sechs Stunden Therapie schaffen.
  • Am BG Klinikum Bergmannstrost Halle ist TOR für unterschiedliche Berufe aus Bau, Handwerk, Industrie und Logistik sowie Pflege und Reinigung möglich.

Über Defizite und Fortschritte täglich kurz sprechen

In den ersten beiden Wochen der TOR war Inka Bienek täglich vier Stunden auf der Station. Dazu bekam sie noch Physiotherapie und machte Sport, um ihre Belastbarkeit zu steigern. Rücken-, Arm- und Beinmuskulatur mussten weiter gestärkt werden, damit sie die Anforderungen einer sechsstündigen Schicht wieder erfüllen konnte.

„Die Tätigkeitsorientierte Reha ist modular aufgebaut, um den Patientinnen und Patienten einen schrittweisen Einstieg zu ermöglichen. In der ersten Hälfte der Reha ist so noch Zeit für medizinische Therapie“, sagt Dr. Anke.Hilfsmittel aus der Reha erleichtern den Arbeitsalltag.

In der zweiten Hälfte stand dann die Arbeit selbst im Mittelpunkt – mit Einsätzen von sechs Stunden am Tag. „Patientinnen und Patienten, die eine TOR absolvieren, sind nur eingeschränkt einsatzfähig. Sie sind also keine zusätzliche Arbeitskräfte für die Station“, betont Arbeitstherapeut Marcus Günther. Das werde auch auf dem Namensschild vermerkt, damit die Patientinnen und Patienten auf der Station Bescheid wissen. Jeden Tag spricht Marcus Günther kurz mit Inka Bienek, um festzuhalten, wie es ihr geht, welche Fortschritte sie macht und was noch nicht so gut funktioniert.

Arbeitstherapeut Marcus Günther erklärte Inka Bienek auf der Station, wie das Rutschbrett funktioniert. © Nikolaus Brade

Zuversicht schöpfen durch den Arbeitstherapeut

„Wie klappt es inzwischen mit dem Treppensteigen?“ Auch das ist eine seiner Fragen. Denn als mobile Altenpflegerin gehören Wege über die Stufen zu ihrem Alltag – und belasten insbesondere die Knie. Marcus Günther lässt sich auch erklären, wie die Hilfsmittel funktionieren, die Inka Bienek den Arbeitsalltag erleichtern sollen. Neben dem Rutschbrett kommt dabei auch das Gleittuch zum Einsatz. „Wenn die Person im Bett mithilft, ist es tatsächlich leichter für mich, sie umzulagern“, berichtet Bienek ihrem Arbeitstherapeuten. Er notiert es sich. Am Ende des Gesprächs gibt er ihr noch einen Ratschlag mit: „Reib dich bitte nicht auf. Beiß nicht zu lange die Zähne zusammen, sondern hol dir Hilfe“, meint Marcus Günther.

Seine Beobachtungen bilden die Grundlage für die Visite, die einmal in der Woche erfolgt. Neben der behandelnden Ärztin sind auch die Therapeutinnen und Therapeuten dabei – von der Physio- über Ergo- und Sport- bis hin zur Arbeitstherapie. Gemeinsam vergleichen sie den Stand der Reha und schauen, ob der Therapieplan noch angepasst werden muss. Das ist in diesem Rahmen schnell und flexibel möglich.

Als ambulante Pflegekraft ist Inka Bienek viel mit dem Auto unterwegs. Dr. Anke ermunterte sie schon frühzeitig, sich wieder hinters Steuer zu setzen. Bedenken hatte Bienek nicht: „Es war für mich auch kein Problem, an der Unfallstelle vorbeizufahren.“ Ansonsten hätte sie auch psychologische Hilfe in Anspruch nehmen können. So aber brauchte sie lediglich in den ersten Wochen, in denen sie wieder selbst fuhr, ein Sitzkissen zur Entlastung des Rückens. Inzwischen kann sie auch darauf wieder verzichten.

Ergonomisch arbeiten: Inka Bienek lernte, den Rücken zu schonen, wenn sie eine Person im Bett umlagert. © Nikolaus Brade

Zurück ins Leben

Im Juni war es dann so weit: Inka Bienek konnte ihre Tätigkeit bei der Sozialstation in Querfurt wieder aufnehmen. „Die Klientinnen und Klienten haben sich sehr gefreut, mich wiederzusehen“, berichtet sie. Sie selbst war glücklich, zurück zu sein und wieder in ihrem Beruf zu arbeiten.

An die alltägliche Belastung hat sie sich aber noch nicht völlig gewöhnt: „Besonders wenn ich Spätdienst habe, merke ich das. Danach bin ich sehr erschöpft.“ Auch die Schmerzen sind noch nicht ganz aus ihrem Alltag verschwunden. Mit ambulanter Physiotherapie arbeitet sie weiter daran, wieder schmerzfrei zu werden. Ein neues Ziel hat sie sich auch gesetzt: Sie möchte wieder mit ihrem Kegelverein bei Wettbewerben teilnehmen.