Gesundheitsschutz : Meilenstein der sozialen Sicherung
Was ist eine Berufskrankheit?
Als Berufskrankheit gelten Erkrankungen, die hauptursächlich durch die versicherte Tätigkeit ausgelöst wurden. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Krankheit bereits im Laufe der gefährdenden Tätigkeit ausbricht oder erst Jahre später. Entscheidend ist, dass die Ursache klar zu ermitteln ist – etwa ein Gefahrstoff oder Lärm.
Was ist die Berufskrankheiten- Verordnung (BKV)?
Die BKV ist eine rechtlich bindende Verordnung, die seit 1925 die Berufskrankheiten listet. Außerdem definiert die BKV die Pflichten der Unfallversicherungsträger. Die Verordnung ist dynamisch, das heißt, die gelisteten Erkrankungen und die rechtlichen Vorgaben werden immer wieder an den aktuellen Erkenntnisstand angepasst.
Wer entscheidet, welche Erkrankungen in der BKV gelistet sind?
Verantwortlich ist in Deutschland die Bundesregierung, genauer das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Dieses wird durch den „Ärztlichen Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten“ beraten. Maßgeblich ist, dass eine Erkrankung in bestimmten Berufsgruppen verstärkt auftritt und Versicherte den Risiken durch ihre Tätigkeit nachweislich stärker ausgesetzt sind als der Rest der Bevölkerung.
Wer entscheidet über die Anerkennung von Berufskrankheiten?
Die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen entscheiden über alle eingereichten Verdachtsfälle in einem umfangreichen Prüfverfahren.
Klicktipp
Dieser Erklärfilm zu Berufskrankheiten der DGUV liefert Antworten auf die wichtigsten Fragen.
So wird eine Berufskrankheit festgestellt
Schritt Eins: Verdacht erkennen und melden
Versicherte mit gesundheitlichen Beschwerden gehen zu ihrer hausärztlichen oder fachärztlichen Praxis. Bei begründetem Verdacht auf eine berufsbedingte Erkrankung besteht eine ärztliche Meldepflicht an die Berufsgenossenschaft oder die Unfallkasse. Krankenkassen oder Unternehmen müssen ebenfalls Verdachtsfälle melden.
Gut zu wissen: Falls Beschäftigte den Verdacht haben, an einer berufsbedingten Erkrankung zu leiden, sollten sie das unbedingt beim Termin mit der Ärztin oder dem Arzt ansprechen.
Schritt Zwei: Verdacht prüfen
Der Verdachtsfall wird bei der Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse bearbeitet. Hierfür sammelt die Sachbearbeitung alle relevanten Dokumente, Befunde und Informationen, die den Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der Tätigkeit belegen können. Auch wird mithilfe der Versicherten eine Arbeitsanamnese erstellt.
Gut zu wissen: Wie lange ein Antrag bearbeitet wird, lässt sich kaum vorhersagen. Besagte Informationssammlung kann sehr zeitintensiv sein. Teilweise müssen ärztliche Gutachten erstellt oder frühere Tätigkeiten in Unternehmen rekonstruiert werden, die es gar nicht mehr gibt.
Schritt Drei: über Anerkennung entscheiden
Die Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse entscheidet für oder gegen die Anerkennung einer Berufskrankheit. Wird sie abgelehnt, können Versicherte innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen.
Gut zu wissen: Über Renten wegen einer anerkannten Berufskrankheit entscheiden die Rentenausschüsse der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen; über Widersprüche die entsprechenden Widerspruchsausschüsse. Versicherte und Arbeitgebende sind in diesen Ausschüssen zu gleichen Teilen repräsentiert.
Schritt Vier: Beschäftigte unterstützen
Wurde die Berufskrankheit anerkannt, werden alle geeigneten Mittel geprüft, um Beschäftigte im Beruf zu halten. Ist die Arbeitsfähigkeit eingeschränkt oder muss der Beruf aufgegeben werden, können Rentenleistungen vom zuständigen Unfallversicherungsträger gezahlt werden.
Gut zu wissen: Durch den Wegfall des sogenannten Unterlassungszwanges rückt das Thema Individualprävention stärker in den Fokus – immer mit dem Ziel, erkrankte Beschäftigte im Beruf zu halten
Die Geschichte der Berufskrankheiten-Verordnung
- 2025 Die Berufskrankheiten-Verordnung wird 100 Jahre alt. Die Liste wird um drei neue Erkrankungen auf insgesamt 85 erweitert.
- 1. Januar 2021 Im Zuge der BK-Reform wird u. a. der Unterlassungszwang abgeschafft, auch soll die Arbeit des Ärztlichen Sachverständigenbeirates der Bundesregierung transparenter werden.
- 1976 Die aktuelle Systematik mit vierstelligem Nummernsystem wird eingeführt.
- 1963 Die Option „Wie-Berufskrankheit“ wird implementiert, um Entschädigungen für Krankheiten zu ermöglichen, die noch nicht in der Liste der Berufskrankheiten gelistet sind.
- 1952 Das Kriterium der Erkrankungsschwere bei einzelnen Berufskrankheiten wird aufgehoben.
- 1939 – 1945 Prävention wird aufgrund der Kriegswirtschaft vernachlässigt – dennoch wird die Liste der Berufskrankheiten stetig erweitert.
- 11. Februar 1929 Die Liste der Berufskrankheiten wird um elf weitere Erkrankungen ergänzt, die zehn Jahre rückwirkend anerkannt werden können; außerdem werden weitere Branchen aufgenommen.
- 12. Mai 1925 Die erste BKV wird beschlossen und umfasst elf Erkrankungen – der Fokus liegt auf Erkrankungen durch chemische Einwirkungen, etwa durch Quecksilber, Arsen oder Blei.
Berufskrankheiten-Gruppen im Überblick
Seit 2025 sind 85 Berufskrankheiten in der BKV gelistet:
- Erkrankungen durch chemische Einwirkungen (z. B. durch Metalle, Lösemittel) Häufigste anerkannte Erkrankungen 2023: Erkrankungen des Blutes, des blutbildenden und des lymphatischen Systems durch Benzol (268 anerkannte Fälle)
- Erkrankungen durch physikalische Einwirkungen (durch mechanische Einwirkungen, Druckluft, Lärm und Strahlen) Häufigste anerkannte Erkrankungen 2023: Lärmschwerhörigkeit (7.609 anerkannte Fälle)
- Infektionserreger/Parasiten, Tropenkrankheiten (z. B. Covid-19) Häufigste anerkannte Erkrankungen 2023: Infektionskrankheiten, wenn Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig waren (54.199 anerkannte Fälle)
- Erkrankungen der Atemwege, Lungen, des Rippenfells, Bauchfells, der Eierstöcke (z. B. durch anorganische und organische Stäube) Häufigste anerkannte Erkrankung 2023: Asbestose (954 anerkannte Fälle)
- Hautkrankheiten: Häufigste anerkannte Erkrankungen 2023: Plattenepithelkarzinome (weißer Hautkrebs) oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung (3.517 anerkannte Fälle)
- Krankheiten sonstige Ursache, z. B. „Wie-Berufskrankheiten“ nach § 9 Abs. 2 SGB VII mit 119 anerkannten Fällen 2023